Reaktionen auf "AAA"-Verlust vom EFSF: Westerwelles Warentest-Vorschlag

Außenminister Westerwelle will eine unabhängige Ratingagentur schaffen, um politischen Bewertungen der Euro-Staaten zu entgehen. Als Vorbild soll die Stiftung Warentest dienen.

Grinsen für Europa: Guido "Warentest" Westerwelle. Bild: dapd

BERLIN/OSNABRÜCK afp/dapd/rtr/dpa | Außenminister Guido Westerwelle (FDP) hat eine europäische Ratingagentur nach dem Vorbild der unabhängigen Stiftung Warentest gefordert. In einem Interview mit der Neuen Osnabrücker Zeitung (Dienstag) erklärte Westerwelle, er werde dazu Gespräche mit seinen europäischen Amtskollegen aufnehmen.

Es sei "höchste Zeit", den anglo-amerikanischen Ratingagenturen mehr Wettbewerb entgegenzusetzen. Diese räumten selbst ein, dass sie auch politische Bewertungen vornähmen. Deutschland habe sehr gute Erfahrungen mit der Stiftung Warentest gemacht, die große Glaubwürdigkeit genieße, führte Westerwelle aus.

"Niemand stellt ihre Unparteilichkeit, ihr Urteilsvermögen und ihre Staatsferne in Zweifel." Deshalb sollte die Idee einer solchen Stiftung ein Beispiel sein, um die Kreditwürdigkeit von Staaten zu benoten.

Westerwelle geht nicht davon aus, dass auf Deutschland größere Verpflichtungen bei der Euro-Rettung zukommen, nachdem Frankreich seine Top-Bonität verloren hat. Es werde bei der Lastenteilung bleiben, wie sie in Europa verabredet worden sei. Er sehe auch keine Eintrübung des "ausgezeichneten Verhältnisses mit Frankreich" und vertraue darauf, dass Präsident Nicolas Sarkozy die angekündigten Reformen in Frankreich weiter vorantreibe.

Asmussen entlastet Standard & Poor's

Das deutsche Direktoriumsmitglied der Europäischen Zentralbank (EZB), Jörg Asmussen, wies Vorwürfe gegen Standard & Poor's (S&P) zurück. Der Gedanke, die Agentur habe die Kreditwürdigkeit von neun Staaten der Eurozone auf Druck der US-Regierung herabgestuft, gehe in Richtung einer Verschwörungstheorie, sagte Asmussen der Bild-Zeitung.

"Davon halte ich nichts", sagte er. "Im Übrigen lassen sich solche Vermutungen schon leicht durch den Hinweis entkräften, dass die USA selbst im vergangenen Jahr von einer amerikanischen Ratingagentur herabgestuft wurden."

Der EFSF benötigt nach Ansicht des CDU-Politikers Michael Meister auch nach der Herabstufung nicht mehr Kapital. "Ich sehe keine Notwendigkeit, dass der Rettungsschirm mehr Geld braucht", sagte der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag am Dienstag in der ARD.

Der EFSF werde in diesem Jahr vom neuen Rettungsfonds ESM abgelöst, der mit echten Einzahlungen unterlegt sei. "Dort werden wir ein Stück weit unabhängiger von Ratingagenturen." Die Kapitalausstattung des EFSF sei bis zum 30. Juni hinreichend groß. Möglicherweise müssten aber die Länder, die Hilfen vom EFSF erhielten, mehr Geld für ihre Kredite zahlen.

Draghi findet Ratings nicht so wichtig

EZB-Präsident Mario Draghi hat derweil im EU-Parlament für mehr Abstand zu Bewertungen von Ratingagenturen plädiert. Man sollte weiterfunktionieren und den Bewertungen nicht so hohes Gewicht einräumen, sagte Draghi am Montag im Europaparlament in Straßburg.

Regulatoren, Investoren und Banken sollten unabhängiger von diesen Bewertungen sein, sagte der Italiener. In der Europäischen Zentralbank EZB herrsche bereits seit einigen Jahren diese Einstellung. Draghi sprach nicht als EZB-Präsident, sondern in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des europäischen Ausschusses für Systemrisiken mit Mitgliedern des Wirtschaftsausschusses des EU-Parlaments.

Standard & Poor's hatte am Montagabend nach der Herabstufung von neun Euro-Staaten auch dem Rettungsfonds EFSF die Bestnote "AAA" entzogen. Die Bonität werde nur noch mit der zweitbesten Note AA+ eingestuft, teilte die Agentur in Washington mit.

Der EFSF wies unmittelbar nach Bekanntgabe der Entscheidung von S&P darauf hin, dass die beiden anderen Bonitätswächter, Moody's und Fitch Ratings, den Fonds weiterhin mit dem Spitzenrating bewerteten.

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