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Archiv-Artikel

Göttingen ist Hochburg

BASKETBALL Der Bundesligist MEG Göttingen spielt wieder vorne mit. Dabei ist der Hauptsponsor insolvent

Sportlich läuft es bestens beim Basketball-Bundesligisten MEG Göttingen. Am Zweiten Weihnachtstag siegten die wegen ihren violetten Trikots „Veilchen“ genannten Göttinger beim daheim bis dahin ungeschlagenen Meisterschaftsfavoriten ALBA Berlin. Am Samstag gewannen sie ihr Heimspiel gegen die Artland Dragons mit 79 : 78. Nach verhaltenem Saisonstart knüpften sie damit an die Leistungen der vorherigen Spielzeit an, als sie die Hauptrunde als Zweiter beendeten.

Der neuerliche Aufschwung kommt überraschend – nach dem Weggang mehrerer Leistungsträger musste Trainer John Patrick mit relativ wenig Geld ein neues Team zusammenbauen. Die frisch von US-Colleges verpflichteten Spieler wie Taylor Rochestie oder Dwayne Anderson wurden auf die von Patrick geforderte super-aggressive Verteidigung umgeschult und gehören inzwischen zu den auffälligsten Dribblern (Anderson) und Korbjägern (Rochestie) der Liga.

Erst im Herbst 2007 war die Herren-Mannschaft, damals noch unter dem Namen BG 74, in die Bundesliga aufgerückt – und hatte damit 19 Jahre Abstinenz der Göttinger im Liga-Oberhaus beendet. In den 1980er Jahren war die Stadt schon mal eine Basketball-Hochburg: Der ASC Göttingen gewann 1980, 1983 und 1984 die Deutsche Meisterschaft.

Probleme bereitet den Göttingern derzeit einzig der Hauptsponsor, der in Kassel ansässige Versicherungsmakler MEG. Frühzeitige Warnungen von Fans und Co-Sponsoren schlug man in den Wind – ein Fehler. MEG meldete 2009 Insolvenz an. Das Unternehmen wird abgewickelt, die rund 800 Mitarbeiter müssen gehen. Bei den Ermittlungen flog auf, dass Firmengründer Mehmet Göker sich von der eigenen Aktiengesellschaft Darlehen in Millionenhöhe auszahlen ließ.

Der Basketball-Begeisterung in Göttingen tut das kaum Abbruch. Beim Heimspiel am vergangenen Samstag war die Halle sogar erstmals ausverkauft. Kein Wunder, denn die sportliche Konkurrenz in der Universitätsstadt ist überschaubar – erstklassigen Mannschaftssport zeigen sonst nur die Kanupolo- und Bahnengolf-Spieler. Im Fußball spielt die Stadt schon lange keine Rolle mehr: Der Traditionsverein Göttingen 05 musste 2002 Konkurs anmelden, die Überbleibsel fusionierten mit einem Vorortclub. REIMAR PAUL