"Rollerball" auf DVD: Schnitt, Schnitt, Schnitt

John McTiernans Remake des Films "Rollerball" wird 10 Jahre alt. Der Directors Cut zeigt, wie grandios dieser häufig schlecht bewertete Film ist.

Rollerball ist ein durchgeknallt grandioser Film. Bild: imago

Mit der Bezeichnung "ungeschnittene Fassung" ist das im Fall von "Rollerball" so eine Sache. 80 Millionen US-Dollar gingen hinein in den Film, den Action-Meister John McTiernan ( "Die Hard"), so gut er es kann - und er kann es sehr gut -, vor zehn Jahren drehte.

Wer auch immer hat ihm dann nach miserablen Test-Screenings ins Handwerk gepfuscht und insbesondere die sinntragenden Stellen gestrichen. Heraus kam ein durch den Fleischwolf gedrehtes Sound- und Bildergemetzel.

Vom romantischen Plot blieben - wie von der im Vorspann an vorderer Stelle versprochenen Rebecca Romijn-Stamos - nur erbärmliche Reste. Wer nun nach dem "Directors Cut" ruft, hat aber gar nichts verstanden. Der Film ist, nun ja, vielleicht nicht gut, aber doch grandios, wie er ist.

Hingabe ans Spektakel

Im Ergebnis ist "Rollerball" nämlich Kino als posttraumatische Störung, ein Trümmerfeld aus Tempo und Krach, ein röhrendes Lens-Flare- und Motorenspektakel mit gischtenden Garben aus Licht, mit hektischem Hin und hektischem Her, Cut, Cut und Cut, mit Brülldialogen aus sehr trüben Tassen, mit Überdosen von Medienkritik, die reiner Vorwand ist fürs Krachenlassen der Knochen, für Jean Renos von aller Subtilität befreite Darstellungskünste, kurzum, für die entfesselte Hingabe ans reine Spektakel.

Das Original aus den siebziger Jahren war eine brav liberal und kritisch gedachte dystopische Warnung vor unserer Zukunft als Gladiatorenkämpfergesellschaft. Das Remake stellt sich nun die zentralasiatischen Stan-Staaten als aufs Dekadenteste spätrömisch vor, als Länder, in denen Drunter mit Drüber diktatorisch regiert und in denen ein entmenschtes Publikum die eigene dumpfe Machtlosigkeit mit zynisch-brutaler Betrachtung abgekarteter Kampfspiele kompensiert.

Dazu spielt Luc Bessons Hauskomponist Eric Serra tumbe Schwermetallieder für Astana und Baku, während Chris Klein als Exeishockeyspieler und Nun-Motorrad-Gladiator Jonathan schwer darum kämpft, im Lärm- und Bilderradau als Protagonist sichtbar zu bleiben.

Es ist einfach toll, wie viel Spaß so ein Zigmillionenspektakel machen kann, wenn es von Handlungszusammenhang und Sinn und Romanze erst mal befreit ist. Da bleiben dann minutenlange Passagen, in Night Vision gedreht, in denen auf- und abtauchendes grünliches Licht sich in schwarzer asiatischer Nacht in Richtung Abstraktion und Avantgardefilm aufmacht und dabei erstaunlich weit kommt. (Nur wer sehr an Plot und Figuration hängt, wird noch Verfolgungsjagd dazu sagen.)

Es bleiben Kampfszenen, die nicht Spielstandorientierung und ästhetische Ballsportbetrachtung versprechen, sondern nur den Crash und das Schlittern, die Lichtexplosion, das Blut und die Kampflust. Es macht dann auch gar nichts, wenn ein vom verzweifelten Studio drangepapptes lachhaftes Happy End die Figuren da abholt, wo sie ganz sicher nicht waren. So bekommt man wenigstens Rebecca Romijn-Stamos mit ihrem kleinen schwarzen Tattoo auf der Wange einmal zu sehen.

"Rollerball" taucht in den Listen der 100 schlechtesten Filme häufig auf, die aktuelle IMDB-Wertung liegt bei 2,8. In Wahrheit wird umgekehrt erst ein Rollschuh daraus: Dieses schwer missratene Remake ist eines der wenigen bleibenden Werke der weithin verspießerten Hollywood-nuller-Jahre.

"Rollerball" (Regie: John McTiernan, USA 2002)

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