Bundestagswahlkampf der Grünen: Spitzenduo per Urwahl

Ein quotiertes Duo soll die Grünen im Wahlkampf anführen – und von allen Mitgliedern per Urwahl gewählt werden. Aber nur dann, wenn es Konkurrenz gibt.

Sie hat schon gesagt, dass sie sich der Urwahl stellen will – er noch nicht: Claudia Roth und Jürgen Trittin. Bild: dpa

BERLIN taz | Seit Wochen rätseln Grüne im ganzen Land, wie sich ihre mächtigsten Politiker einigen – auch der jüngste Beschluss der vier Fraktions- und Parteivorsitzenden bringt keine endgültige Klarheit. Eine Urwahl soll über die Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl 2013 entscheiden. Dabei sollen alle Mitglieder über ein quotiertes Spitzenduo entscheiden. Das erfuhr die taz am Sonntag aus Parteikreisen.

Auf dieses Verfahren hätten sich die Parteichefs Claudia Roth und Cem Özdemir und die Fraktionschefs Renate Künast und Jürgen Trittin bei einem Treffen am Samstag geeinigt, hieß es weiter. Diesen Verfahrensvorschlag wollen sie am Montag vom gesamten Bundesvorstand und vom Parteirat absegnen lassen.

Auch wenn offiziell noch die Gremien zustimmen müssen, ist damit klar: Die Idee, dass Trittin allein die Grünen in den Wahlkampf führt, ist endgültig vom Tisch. Vor allem aus dem Realo-Flügel war ihm dies zuletzt angetragen worden. In einem Wahlkampf sei personelle Zuspitzung wichtig, lautete das Argument. Claudia Roth hatte daraufhin in einem taz-Interview ein Veto eingelegt. Sie forderte eine Quote im Team, eine Urwahl, und sie kündigte an, selbst bei einer solchen anzutreten.

Mit ihrem Vorschlag lassen die Grünen-Spitzen ihre Basis aber weiter im Ungewissen: Denn wer antritt, ist damit immer noch unklar. Roth ist bisher die einzige, die sich aus der Deckung wagte. Ihre Chancen bei einer Urwahl sind gut, weil sie bei der Basis beliebt ist. Als gesetzt gilt vielen in der Partei Trittin. Er wird als wichtigste Stimme der Fraktion bei den größten Themen wahrgenommen - etwa bei der Euro-Krise.

Özdemir ist lieber Parteichef

Künast hat seit der verlorenen Berlin-Wahl im vergangenen Jahr, bei der sie die grüne Spitzenfrau war, an Bedeutung verloren. Und Özdemir lässt durchscheinen, ohne Platz im Spitzenteam auszukommen. Er will lieber wieder Parteichef werden und in den Bundestag einziehen.

Entsprechend dürfte der Männer-Platz in einem Spitzenduo kaum umkämpft sein. Zumindest dann nicht, wenn Özdemir Trittin nicht herausfordert. Auf dem Frauen-Platz ist die Frage, ob Künast es wagt, gegen Roth anzutreten - oder ob sich eine andere Kandidatin aus der zweiten Reihe traut. Falls das Bewerberfeld so überschaubar bleibt, wie es sich bisher andeutet, haben die vier Spitzen nach taz-Informationen eine Hintertür eingebaut.

Eine Urwahl gebe es natürlich nur dann, so heißt es in ihrem Vorschlag, wenn es entweder auf dem Männer- oder Frauenplatz in einem Duo Konkurrenz gebe. Einigen sich die Vier intern auf ein Duo, fällt also auch die Urwahl aus.

Solche Mitgliederbefragungen sind bei Parteien extrem selten. 1993 setzte sich bei einer SPD-Mitgliederbefragung der damalige rheinland-pfälzische Ministerpräsident Rudolf Scharping als Parteichef gegen den niedersächsischen Ministerpräsidenten Gerhard Schröder und Präsidiumsmitglied Heidemarie Wieczorek-Zeul durch. Die Grünen betreten also zumindest organisatorisch Neuland - allerdings mit altbekannten Gesichtern.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.