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Archiv-Artikel

Namibias Landreform wird zur Pleite

Während Namibias Präsident Pohamba Deutschland besucht, findet der erste Zwangsverkauf einer deutschen Farm in Namibia an den Staat statt. Doch die Landreform unter Staatsägide verbessert die Lage der schwarzen Landbevölkerung nicht

„Nach fast fünfzehn Jahren ist klar, dass die Landreform nicht funktioniert“

AUS WINDHOEK ROLF-HENNING HINTZE

Beim laufenden Staatsbesuch des namibischen Präsidenten Hifikepunye Pohamba in Deutschland ist die Landreform in Namibia zur Sprache gekommen. Eine der beiden Säulen der Landreform, die Wiederansiedlungsprogramme für Landlose (Resettlement Schemes), ist dabei kürzlich vom unabhängigen namibischen „Legal Assistance Centre“ einer harten Kritik unterzogen worden. Ihr Urteil: „Nach fast 15 Jahren ist klar geworden, dass das Programm nicht funktioniert … Das Programm hat darin, Arme und Landlose zu sich selbst versorgenden Bauern zu machen, bis heute versagt.“

Der Zufall fügt es, dass während Pohambas Deutschland-Aufenthalt die erste deutsche Farm in Namibia zwangsweise in Staatseigentum übergeht. Die hochproduktive Farm „Ongombo West“ soll nach 101 Jahren im Besitz einer deutschstämmigen Familie in ein „Resettlement Scheme“ umgewandelt werden. Die bisherigen Arbeiter der Farm sollen sie betreiben, wahrscheinlich mit einem Beamten des Landministeriums als Verwalter. Das wurde möglich, weil Hilde Wiese, die 70-jährige Eigentümerin, vor drei Monaten nach einem Nervenkrieg mit der Regierung dem staatlichen Zwangskaufpreis (umgerechnet 440.000 Euro) zustimmte.

Ongombo West war die einzige Farm der Familie und mit 4.000 Hektar für namibische Verhältnisse nicht übermäßig groß. Gründe, warum die Wieses die Farm aufgeben sollten, hat die Regierung nicht genannt. Vermutet wird ein früherer Arbeitskonflikt, in dessen Verlauf Juniorchef Andreas Wiese nach einem Streik einen gerichtlichen Räumungsbefehl gegen einige Arbeiter erwirkte.

Sollte das neue Resettlement Scheme so arbeiten wie andere, wird der Staat auf Jahre hinzubuttern müssen. Bei keinem der bestehenden Resettlement Schemes wurde der Studie zufolge das Ziel erreicht, nach vier Jahren selbstversorgend zu sein. Die meisten arbeiten noch Jahre später so unproduktiv, dass sie weiterhin von Regierungsunterstützung abhängig sind, am sichtbarsten in Form von Maismehl- und Speiseölzuteilungen.

Im Resettlement Scheme Drimiopsis 330 Kilometer östlich von Windhoek arbeiten die Neusiedler – überwiegend ehemalige Landarbeiter – täglich nur von 8 bis 11 Uhr. Überschüsse des Gemüseanbaus gehen nicht an die Arbeiter, sondern auf ein Konto, von dem Anschaffungen oder Transportkosten beglichen werden. Eltern schulpflichtiger Kinder könnten nicht einmal Schulgeld aufbringen. Eine junge Frau antwortete auf die Frage, woher sie Geld nehme, um Seife zu kaufen, die nicht zu den staatlichen Zuteilungen gehört: Ihr Bruder arbeite gelegentlich als Tagelöhner auf Farmen der Umgebung.

Auch im 1992 eröffneten, ältesten Resettlement Scheme des Landes, der ehemaligen Farm „Schoonheid“, klagen Neusiedler. Drei bis fünf Monate dauere manchmal die Reparatur einer defekten Wasserpumpe. Obwohl Arbeiter die Pumpe selbst reparieren könnten, dürfen sie es nicht: Es handelt sich um Staatseigentum, nur Staatsangestellte dürfen daran hantieren. Wenn die staatlichen Mechaniker dann endlich kämen, seien die Felder manchmal schon vertrocknet.

Neben den Resettlement Schemes gibt es in der namibischen Landreform das „Affirmative Action Loan Scheme“ (AALS), ein staatliches Kreditprogramm für „früher Benachteiligte“ zum Kauf kommerzieller Farmen zu Sonderkonditionen. Als „früher Benachteiligte“ gelten alle Schwarzen, auch Minister. In den vergangenen 15 Jahren sind dadurch 741 kommerzielle Farmen von Weißen in den Besitz schwarzer Eigentümer übergegangen. Dazu wurden 147 Farmen in Resettlement Schemes umgewandelt. Insgesamt gehören rund 5 Millionen Hektar Land kommerziellen Farmlands heute Schwarzen, der Landbesitz von Weißen ging auf 28,7 Millionen Hektar zurück. Nach den Plänen des Ministeriums für Land und Wiederansiedlung sollen in den nächsten fünf Jahren weitere 4,8 Millionen Hektar an schwarze Besitzer transferiert werden. Das wären jährlich rund 200 Farmen, erklärt Raimar von Hase, der Vorsitzende des Farmerverbands.

Nun wird befürchtet, als Resettlement Scheme könne „Ongombo West“ ein weiterer Verlustbetrieb werden. Und das Einkommen der Arbeiter wird wahrscheinlich deutlich unter dem jetzigen Mindestlohn für Landarbeiter von monatlich umgerechnet rund 51 Euro liegen.