: Bürger begehren Flughafen
BLANKENSEE In einer von FDP, CDU und Wirtschaft initiierten Unterschriftensammlung haben rund 30.000 Lübecker für den unrentablen Regionalflughafen gestimmt. Ein Bürgerentscheid ist damit wahrscheinlich
Der Regionalflughafen Blankensee liegt acht Kilometer vor Lübeck. Betreiber ist die Flughafen Lübeck GmbH (FLG).
■ Ryanair ist seit über neun Jahren Hauptkunde des Flughafens. Insgesamt 13 Verbindungen bietet die Billig-Fluggesellschaft von Lübeck aus an.
■ Steigende Passagierzahlen verzeichnet Lübeck dank Ryanair und Konkurrent Wizz Air: Angeblich stieg die Zahl im vergangenen Jahr um 33 Prozent auf 800.000 Flüge.
■ Schwarze Zahlen würde Blankensee laut Flughafengesellschaft aber erst bei rund 1,3 Millionen Reisenden schreiben.
■ 140 Mitarbeiter bangen um ihre Jobs. Ohne Investor muss der Flughafen im März schließen.
VON UTA GENSICHEN
Allen finanziellen Bedenken zum Trotz haben rund 30.000 Lübecker in den vergangenen vier Wochen ihre Unterschrift für den Erhalt des Flughafens Blankensee abgegeben. Zu diesem Zweck waren Vertreter der IHK, der Dehoga sowie des Lübecker Verkehrsvereins in die Fußgängerzonen gegangen. Politisch wurde das Bürgerbegehren, das noch bis Donnerstag läuft, von CDU, FDP und den Bürgern für Lübeck (BFL) unterstützt.
Die Befürworter des Flughafens benötigen rund 17.500 gültige Unterschriften – dem erhofften Bürgerentscheid steht nach dem erfolgreichen Stimmensammeln also kaum noch etwas im Weg. „Wir sind hochzufrieden mit dem Ergebnis“, sagte der FDP-Fraktionsvorsitzende in der Lübecker Bürgerschaft, Thomas Schalies. Auch die Wirtschaftsvertreter dürften sich über das eindeutige Ja der Lübecker zu ihrem Regionalflughafen freuen. Die Initiative „Flughafen ist Zukunft“ etwa wirbt bei den Bürgern mit 16 angeblich guten Gründen dafür, den unrentablen Airport zu erhalten. So sei Blankensee ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für die Region, der direkt wie indirekt Arbeitsplätze schaffe. Zudem stiegen die Passagierzahlen im vergangenen Jahr – nicht zuletzt aufgrund günstiger Angebote von Billigfluggesellschaften wie Ryanair und Wizz Air.
Kritiker aber mahnen, dass die Verluste des Flughafens gerade deshalb stiegen, weil die Zahl der Fluggäste wachse. Das Kieler Landgericht gab bereits vor vier Jahren der Fluggesellschaft Air Berlin Recht, die behauptete, dass der Flughafen Lübeck von Ryanair nur einen Bruchteil des branchenüblichen Passagierentgeltes verlangte. Für den Billiganbieter ein enormer Wettbewerbsvorteil. Mittlerweile läuft sogar auf EU-Ebene ein Verfahren gegen den Airport wegen unerlaubter Subventionen. „Wem wollen Sie die Mär erzählen, dass mit diesem Flughafen Geld zu verdienen sei“, fragt sich Gerhard Haase, Sprecher der Schutzgemeinschaft gegen Fluglärm. Ehrlicher sei es hingegen, den 140 Mitarbeitern des Flughafens rechtzeitig reinen Wein einzuschenken und sich Gedanken um deren Zukunft zu machen, sagt Flughafen-Kritiker Haase.
Stattdessen aber ist Bürgermeister Bernd Saxe (SPD) auf der verzweifelten Suche nach einem neuen Investor. Bereits Anfang 2009 hatte der neuseeländische Mehrheitsgesellschafter Infratil seinen Ausstieg bekannt gegeben. Saxe gab damals an, etwa 23 Millionen Euro an Infratil zurückzahlen zu müssen, inclusive Kaufpreis, geleisteter Investitionen und erlittenen Verlusten.
Einen letzten Hoffnungsschimmer sah der SPD-Bürgermeister im Ausbau des Flughafens, um diesen so attraktiver für potenzielle Kaufinteressenten zu machen. Insgesamt vier Millionen Euro hätte die Stadt dafür bezahlen müssen. Doch Saxes Parteigenossen entschieden sich in der Bürgerschaft, gemeinsam mit Grüne und Linke, mehrheitlich gegen den Antrag. „Wir können nicht länger auf das Prinzip Hoffnung setzen und Geld in den Flughafen hineinpumpen“, sagte Peter Reinhard, SPD-Fraktionschef, kurz nach der Abstimmung im November.
Auch das Land Schleswig-Holstein widersetzt sich einer finanziellen Beteiligung. Kurz nach dem Bürgerschaftsbeschluss bat Bürgermeister Saxe in Kiel um eine vorübergehende Beteiligung an den Betriebskosten. Der Wirtschaftsausschuss lehnte ab.
Obwohl die Stadt mit knapp 500 Millionen Euro hochverschuldet und bisher noch kein Investor in Sicht ist, kämpfen CDU, FDP und BfL unter Hochdruck für den Ausbau des Flughafens. Wegen des nach eigenen Angaben erfolgreichen Bürgerbegehrens könnte es bereits im April zu einem Bürgerentscheid kommen.
Dann werden die Lübecker darüber abstimmen, ob die Stadt bis 2012 den Flughafen in Eigenregie ausbauen und weiterführen soll, selbst wenn vorher kein privater Investor gefunden sein sollte. Stimmen sie jedoch dagegen, könnte Blankensee laut Bürgerschaftsbeschluss schon im März abgewickelt werden.