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Regierung spart Milliarden bei Hartz IVDie Förderung ist eingebrochen

Im Jahr 2010 gab es noch 340.000 geförderte Jobs für Langzeitarbeitslose – inzwischen sind es weniger als die Hälfte. Der Grund liegt offenbar in den Sparplänen der Regierung.

Zu wenige Förderangebote für Langzeitarbeitslose: Arbeitsagentur in Hannover. Bild: dpa

BERLIN epd | Innerhalb der letzten beiden Jahre haben sich die Beschäftigungsangebote für Langzeitarbeitslose halbiert. Deutschland sei auf dem Weg in den Zwei-Klassen-Arbeitsmarkt, kritisierte der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Ulrich Schneider, am Dienstag in Berlin. 180.000 Langzeitarbeitslose, die im April 2010 noch geförderte Jobs hatten, stünden heute zusätzlich auf der Straße.

Die Entwicklung sei eine Folge des Sparpakets der Bundesregierung aus dem Jahr 2010. Danach sollen bis 2014 in der Arbeitsmarktpolitik 20 Milliarden Euro eingespart werden, davon sechs Milliarden bei den Hartz-IV-Empfängern.

Schneider zufolge existieren von 340.000 Beschäftigungsplätzen im Jahr 2010 heute noch 155.000. Eine Umfrage des Verbandes bei seinen eigenen Unternehmen ergab, dass ein Fünftel die Angebote für Langzeitarbeitslose bereits aufgegeben hat. Ein Drittel arbeitet eingeschränkt weiter. Nur 20 Prozent der Träger führen ihre Arbeit so fort wie bisher. Von bundesweit 1.000 solcher Beschäftigungsunternehmen in der Wohlfahrtspflege werde mehr als die Hälfte verschwinden, sagte Schneider. Dabei gehe es auch um Tausende von Arbeitsplätzen in der Stammbelegschaft.

Er appellierte an die Bundesregierung, die Entwicklung zu stoppen. Die Infrastruktur, die jetzt zerstört werde, könne nicht wiederbelebt werden. Opfer seien mehr als 400.000 Menschen, die fast soviel Unterstützung bräuchten wie behinderte Menschen, um ins Arbeitsleben zurückzukommen, sagte Schneider. Jeder habe aber das Recht, sein Geld selbst zu verdienen: „Das hat auch mit Würde zu tun.“ Die neu eingeführte Bürgerarbeit gleiche die Verluste nicht aus, sagte Schneider. 25.000 Bürgerarbeitsplätzen stünden fast 200.000 verlorene Förder-Jobs für Langzeitarbeitslose gegenüber.

Arbeitslosigkeit geht zurück

Die Bundesregierung hatte nach der Finanzkrise einen Sparhaushalt beschlossen. Die größten Einsparungen muss Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) erbringen. Da die Arbeitslosigkeit zurückgehe, seien die Kürzungen gerechtfertigt, hatte von der Leyen erklärt.

Sie gehen vor allem zu Lasten der Hartz-IV-Empfänger, die mit zwei Dritteln die größere Gruppe der Erwerbslosen stellen. Bei ihnen sinkt die Arbeitslosigkeit deutlich langsamer als unter den Kurzzeit-Arbeitslosen. Während bei den Arbeitslosengeld-Empfängern die Erwerbslosigkeit im Jahresdurchschnitt um 10 bis 14 Prozent gesunken ist, sank sie unter Hartz-IV-Empfängern nur um vier bis fünf Prozent.

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10 Kommentare

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  • C
    CeeJottBee

    @Dietmar Brach:

    Die "Jobcenter" sind mitnichten dazu da, Arbeit zu vermitteln, sie bekommen überhaupt von den Angeboten der "Bundesanstalt" nur die Stellen, die übrigbleiben!

    Vielmehr ist ihr Auftrag, Gelder einzusparen (durch Repressionen gegenüber ihrer Klientel und daraus folgenden Leistungskürzungen) und die Statistik zu fälschen (Teilnehmer an "Maßnahmen" zählen bei den Arbeitslosen nicht mit).

     

    Was die geförderte Beschäftigung angeht, sind diese in aller Regel aufgezwungen, mithin rechtswidrige Zwangsarbeit. Zudem sind sie in aller Regel so sinngebend und erfüllend wie eine Autowäsche bei 30 Grad Minus. Kurz, eine reine Zumutung und Verschwendung von Lebenzeit für die Betroffenen, menschenunwürdig auf der einen Seite und auf der anderen Seite eine Lizenz zum Gelddrucken für die "Maßnahme"-Träger. Schlecht qualifizierte Kräfte in prekären Arbeitsverhältnissen machen die Hauptarbeit für diese Träger, die Gesellschafter fahren dicke Autos. Das ganze bringt garnichts, schon garkeine auskömmliche Arbeit, eher wird solche noch vernichtet, wenn Maßnahmeträger Billigangebote machen, die sie machen können, da sie ihr Geld ja aus Steuer- oder anderen öffentlichen Geldern bekommen.

  • C
    cjb

    Als Betroffener diese Unrechtssystems kann nur sagen: Bravo, endlich halb so viele nutzlose Pseudo-Kurse bei windigen Firmen, abgehalten von prekär beschäftigten. Halb so viele Fälle, in denen IT-Experten Computerkurse besuchen sollen, oder Studierte mit Ungelernten lernen sollen, wie "sich bewerben" geht. Halb so viele, die auf Arbeitsstellen gezwungen werden (unter der Drohung der Leistungskürzung), die mal Arbeitsstellen waren, nun jedoch billigst mit sog. Ein-Euro-Jobbern besetzt werden, wofür der Arbeitgeber nicht nur nichts bezahlt, sondern sogar noch etwas bekommt (sic!).

     

    Konkret: Die allermeisten dieser Stellen, "Maßnahmen" und anderen Zumutungen der Pseudo-Behörden sind schlicht der letze Mist. Ungeeignet für die Teilnehmer, um beruflich oder sonstwie weiter zu kommen. Ihr einziger Sinn liegt darin, die Teilnehmer aus der Statistik fallen zu lassen, denn so ist es gesetzlich festgeschrieben. Das erklärt auch, warum zwar solch ein Müll ohne weiteres finanziert wird, wenn ein Betroffener aber einen Vorschlag für eine wirkliche Weiterbildug macht, dies gerne abgelehnt wird = Der Müll bringt zwar niemanden weiter, hält aber den Betroffenen für weniger Geld länger aus der Statistik heraus.

     

    Das Bundesverfassungsgericht hat in verschiedenen Urteilen erklärt, es sei mit der Menschenwürde nicht vereinbar, wenn der Einzelne zum Spielball staatlichen Handelns wird. Exakt dies geschieht bei Hatz4 mit Millionen von Menschen täglich.

     

    Die Forderung wäre, jedem Arbeitslosen das Recht auf freie Entscheidung zu geben, wie er sein berufliches Fortkommen gestaltet, alle "Maßnahmen" müßten freiwillig sein. Zu Müll würde rasch niemand mehr hingehen.

  • WB
    Wolfgang Banse

    Sparen am falschen Ende

    Es ist sinnvoller Arbeit durch Beschäftigungsmaßnahmen zuz finanzieren,als Erwerbslosigkeit.

    Arbeitgeber,öffentliche wie private geben Menschen mit einem Handicap kaum eine Chance auf dem ersten allgemeinen Arbeitsmarkt,trotz schulischen - und Beufsabschluss.

    menschen mit einem Handicap werden bei den Agenturen für Arbeit,wie auch bei den Jobcentern durch die dort tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verwaltet.

    Die Arbeitsauffassungen der Mitarbeiter kann man so um schreiben:Absitzen,aussitzen,rumsitzen,dahin sinnieren und vegetieren..

    Menschen mit einem Handicap sind den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiten der Agenturen für Arbeit und den Jobcentern vollkommen ausgeliefert.

    Aus reiner Willkür lässt eine Mitarbeiterin des Jobcenters Friedrichshain-Kreuzberg in Berlin,hier Frau Dreistark eine erwerbslose Person in Erwerbslosigkeit.Bereitgestellte Gelder die für Maßnahmen zur Verfügung stehen,werden dem Erwerbslosen vorenthalten.Diktatorisch und autark wirkt und gibt sich die Mitarbeiterin des Jobcenters Friedrichshain-Kreuzberg in Berlin ,Frau Dreistark.Vorstellungskosten werden der erwerbslosen Person nicht erstattet,obwohl dies der erwerbslosen Person zusteht.

    Man kann zu der Auffassung gelangen,dass zwischen geistiger Potenz und der Sexualpotenz der genannten Mitarbeiterin eine Diskrepanz besteht.

    Das Signifikat empfehlenswert kann dem Jobcenter Friedrichshain-Kreuzberg nicht ausgestellt werden

    Dies trifft auch zu,was den Umgang mit gehandicapten Menschen betrifft

    Die zu Schaden gekommende erwerbslose Person ist schon an dritter Stelle vorstellig geworden.Doch Abhilfe wurde bis jetzt auch von Seiten des stellvertretenden Geschäftsführers des Jobcenters Friedrichshain-Kreuzberg Henke,den man als ein Auslaufmodell der Nation bezeichnen kann,geschaffen.

    So er gibt sich der Eindruck,dass alles mit echten Dingen in diesem Jobcenter zu geht.Was keineswegs der Fall ist!!

    Quantität wird von Seiten des Jobcenters Friedrichshain-Kreuzberg an den Tag gelegt ,statt Qualität.Dies geht leider zu Lasten der dort gemeldeten erwerbslosen Klientel.

    Schadenersatzforderungen sollten gegen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Agenturen für Arbeit und den Jobcentern von zu Unrecht zurück gesetzten verwalteten Personen gestellt werden.

    Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter de Agenturen für Arbeit und Jobcenter haben eine Art Narrenfreiheit.Sie flüchten dann in eine paranoide Schizophrenie,die nicht juristisch belangt werden kann.

    Befangenheitsanträge sollten ggen die einzelnen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ngestellt werden der Agenturen für Arbeit und Jobcenter,da Legislative,Exekutive und Judikative Gott sei gedankt nicht in der Hand der betreffenden Mitarbeiter liegt,um darüber zu entscheiden,was den Befangenheitsantrag betrifft.

    Quo vadis Agenturen für Arbeit und Jobcenter,hier das Jobcenter Friedrichshain-Kreuzberg,hier die Namen Dreistark und Henke was die Laizze-fair Haltung im Bezug auf die dort gemeldete erwerbslose Klientel betrifft.

    Niemand darf auf Grund einer...,wie es im Artikel 3,Absatz3 des Grundgesetzes steht benachteiligt werden,dies sollte auch auf das Jobcenter Friedrichshain-Kreuzberg zu treffen.Ebenso die immer noch nicht angewendete UN-Behindertenrechtskonvention,die im Jobcenter so scheint es den Eindruck zu erwecken,noch nicht umgesetzt und praktiziert wird.Es kann nicht angehen,dass sogenannte Nichtbehinderte,über das Wohlergehen von gehandicapten Menschen entscheiden,was die Verwendung von bereitgestellten Geldern zur Arbeitaufnahme betrifft.Die Zeiten der düsteren Zeitepoche von 1933-1945,was den Umgang mit gehandicapten Menschen anbelangt,sollte durch die Gründung des Rechtsstaates Bundesrepublik-Deutschland 1949 nicht mehr Bestandteil einer menschenverachteten Politik und Hnadhabung gegenüber gehandicapten Menschen sein.

  • K
    Karola

    Ich verstehe die Logik von v.d.Leyen nicht. "da die Arbeitslosigkeit zurückgehe, seien die Kürzungen, gerechtfertigt".

    Wenn z.B. von 1000 Menschen 500 in Arbeit kommen, ist es dann gerechtfertigt, den anderen 500 Arbeitslosengeld oder andere Hilfen zu kürzen ?

     

    Ich sehe eher das Gegenteil. Wenn von 1000 Menschen 500 in Arbeit kommen, hat die Regierung diese Ausgaben nicht mehr. Sie hat also Ausgaben gespart.

     

    Dieses ganze Durcheinander, dass fast nicht mehr durchschaubar ist, ist ein idealer Platz für Lug und Betrug, aber nicht für die Arbeitslosen, sondern für Politiker und die Profiteure, die Arbeigeber.

  • I
    Illoinen

    Nennen wir es doch einmal was es ist und sein sollte ein moderner Pranger. Hartz IV oder ALG II, sind mit dem GG nicht vereinbar. Die Betroffenen, werden in Dezentrale Arbeitslager gesteckt, gedemütigt und entmündigt. Das war und ist von den Herrschenden so gewollt. Die Hetze die in diesem Land betrieben wurde und wird, ist für mich widerwärtig und grenzt schon an Volksverhetzung. Deutschland war einmal ein Sozialstaat, heute weit abgeschlagen. Wenn viele Kommentare davon sprechen, in Bangladesh wären die Menschen ärmer. Denen kann ich nur sagen, ich habe dort für zwei Jahre gearbeitet. Der Unterschied zu Deutschland, in Bagladesh wird man wegen seiner Armut nicht verachtet, in Deutschland dagegen schon.

  • R
    raybo

    Herr Schneider meint ja hier wahrscheinlich hauptsächlich die sog. 1-Euro-Jobs. Diese waren evtl. von den Machern des Gesetzes mal als letztes Druckmittel gedacht, um Arbeitslose zum Arbeiten zu zwingen. In der Folge entpuppten sich diese Jobs aber als gutes Geschäft für die Wohlfahrtsverbände und deren Tochterfirmen. Die BA bzw. die Jobcenter versorgten diese "Hartz-Industrie" ständig mit Nachschub an Arbeitskräften. Und gerne wurden auch aus dem "Pool" der Arbeitslosen, die Besten "von oben" abgeschöpft. Vergleichsweise gut ausgebildete Arbeitskräfte sind in den 1-Euro-Jobs verkümmert. Viele Betroffene sind erst durch die wiederholten 1-Euro-Jobs schwervermittelbar gemacht worden. Kürzungen werden solche Auswüchse in Zukunft verhindern. Für die Betroffenen, deren Qualifikation in den 1-Euro-Jobs verkümmert ist, ist es nun natürlich doppelt schwer, im 1. Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.

  • L
    Lockspitzel

    ...erst hat man sich aufgeregt, als diese Förderjobs geschaffen wurden---jetzt regt man sich auf, daß dafür die Mittel gekürzt werden.

    Wenn es eine tatsächliche, reale Nachfrage nach Arbeitskräften gäbe und gleichzeitig die Bereitschaft bestünde, jene auch gerecht und existenzsichernd zu entlohen, bräuchten wir diese verdammte Hartz-Maschinerie überhaupt nicht...

  • DB
    Dietmar Brach

    Sicher ist es ein Kuriosum, wenn eine Gesetzgebung nach einem Straftäter benannt ist, allerdings finde ich dies bei der deutschen Sozialgesetzgebung passend. Man sollte also nicht den Namen, sondern die Gesetze ändern. Der Abbau der Förderung, in der bisherigen Form, finde ich nicht problematisch sondern eher sinnvoll. In Deutschland hat sich eine Hartz Iv Industrie etabliert, die mit Schulungen, Fortbildungen und Maßnahmen Schwimmlehrer für die Wüste ausbildet. Solange gut qualifizierte Fachkräfte in Arbeitsgelegenheiten geparkt sind oder Jobs weit unter ihrer Qualifikation annehmen müssen, ist jeder Euro für Weiterbildungsmaßnahmen ungerechtfertigt. Würden sich die Jobcenter auf ihre eigentliche Bestimmung, nämlich die Vermittlung in Arbeit, beschränken, statt sich als Hobbyterapeuthen zu betätigen, könnte mit Sicherheit die Hälfte der heutigen Sozialausgaben gespart werden.

  • P
    plausibel

    Die Nachricht kommt spät,

     

    der Beschluss wurde im Juni letzten Jahres gefasst und trat zum 1. April 2012 in Kraft. Er betrifft SGBII ebenso wie SGBXII und SGBIII. Langfristige Vorhaben sind in der Agenda 2020 seitens der EU nachzulesen.

  • R
    reblek

    Ich finde es einigermaßen schrecklich, dass in diesem Land eine "Sozial"-Gesetzgebung nach einem, mit Verlaub, verurteilten Straftäter benannt ist. Könnte sich die taz-Redaktion nicht darauf verständigen, künftig Alg II zu schreiben?