: Entschlüsseltes Geschäft
RTL und ProSiebenSat.1 wollten gemeinsam kostenpflichtiges Satellitenprogramm einführen
Für einen halben Tag stand Deutschland eine „zweite Fernsehgebühr“ an. Gestern berichtete die Frankfurter Allgemeine Zeitung, dass die privaten TV-Anbieter ProSiebenSat.1 und RTL ihre Programme im digitalen Satellitenfernsehen zukünftig verschlüsseln wollen. Nutzer müssten drei bis vier Euro im Monat zahlen, um nicht in die Röhre zu gucken. Das Prinzip Pay TV – nur mit mehr Werbung.
Betroffen wären laut FAZ etwa 4,5 Millionen Satellitenhaushalte, die sich noch dazu einen neuen Receiver anschaffen müssten, der die Verschlüsselung decodieren könnte. Die Verhandlungen mit dem marktführenden Satellitenbetreiber SES Astra liefen schon eine ganze Weile, schrieb das Blatt. Konkrete Beschlüsse gebe es aber noch nicht.
Das hätte gerade noch gefehlt! Ein gemeinsames Unternehmen von RTL und ProSiebenSat.1, das sich darum kümmert, die Programme der Sendergruppen zu verschlüsseln, bevor sie per Satellit in die deutschen Wohnstuben geschickt werden. Warum das so sensationell wäre? Ganz einfach: Bis Ende des Jahres entscheidet sich, ob ProSiebenSat.1 künftig zum Verlag Axel Springer gehören darf oder nicht. Derzeit sieht es eher nach „oder nicht“ aus, weil das Kartellamt nämlich glaubt, dass Springer sich nach der Fusion mit der RTL-Mutter Bertelsmann absprechen, den Markt aufteilen und stressigen Wettbewerb vermeiden könnte. Springer muss diese Bedenken entkräften, wenn der Verlag doch noch zum Zug kommen will. Deshalb würde es denen, die so gerne zusammenkämen, gerade gar nicht in den Kram passen, wenn plötzlich über etwaige gemeinsame Pläne der beiden TV-Gruppen gesprochen würde, weil das ja ein deutliches Anzeichen dafür wäre, dass die Argumentation des Kartellamts richtig ist – und die Fusion wäre wohl endgültig dahin.
Doch weder die Satelliten-TV-Zuschauer noch der Springer-Verlag müssen sich Sorgen machen – jedenfalls nicht in dieser Sache. Gestern Mittag sagte ProSiebenSat.1-Chef Guillaume de Posch zur Nachrichtenagentur dpa: „Das Thema ist schon länger erledigt.“ Von 2004 bis Anfang dieses Jahres sei das Thema zwar im Unternehmen diskutiert worden. „Wir haben aber bereits vor Monaten die Entscheidung getroffen, das Projekt nicht durchzuführen“, sagte de Posch. Gegen das Geschäft habe zum einen der logistische Aufwand gesprochen. Aber auch aus Kartellgründen habe man sich dagegen entschieden. „Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass das Risiko auch wirtschaftlich zu hoch war.“
Was von dieser medialen Seifenblase nun bleibt, ist die Erkenntnis, dass RTL und ProSiebenSat.1 vor Kooperationen nur zurückschrecken, wenn wirtschaftliche Gründe dagegen sprechen. Auch interessant fürs Kartellamt. HPI, PSR