Neuer Theaterbetrieb: Kurz vor dem Abheben

Franz Eggstein will an der Uni einen Repertoire-Theaterbetrieb aufbauen. Selbst für einen ehemaligen Rennfahrer ist das ein äußerst ambitioniertes Ziel.

Total digital: Shakespeares "Sommernachtstraum". Unten: Rennfahrerregisseur Franz Eggstein. Bild: Filmstill, HB

Während die Uni im Sommerschlaf liegt, arbeitet das Uni-Theater emsig an einer Innovation: Im kommenden Semester soll es dort erstmals so etwas wie einen Repertoirebetrieb geben. Angesichts der einigermaßen zurückhaltenden Unterstützung, die die Universität ihren Theaterleuten gewährt, ist das mehr als bemerkenswert.

Mit fast 20 Aufführungen von Henrik Ibsens „Nora“ – in eigener Textfassung – und Dea Lohers „Das Leben auf der Praça Roosevelt“ will das „Theater Incognito“, wie das Uni-Theater sich nennt, im Wintersemester einen durchgehenden Spielbetrieb bieten. Das Studentenwerk zahlt ein paar hundert Euro Sachmittel, nur ein Bruchteil der Arbeitsstunden, die Regisseur Franz Eggstein in die Theaterarbeit steckt, werden durch einen Lehrauftrag abgedeckt. Sein echtes Geld verdient Eggstein im Rennsport: Der ehemalige Fahrer ist Coach des italienischen Teams bei der Formel Renault, ein seltener Glücksfall für das Uni-Theater.

Um dessen Arbeit auf stabilere Beine zu stellen, haben Eggstein und 20 MitstreiterInnen mittlerweile einen Verein gegründet. Aber hat man als Student heutzutage überhaupt noch Zeit zum Theaterspielen? „Das ist stressig, aber machbar“, sagt Karina Plesovskich, die Germanistik auf Master studiert. Die Hauptrolle in „Nora“ habe sie deswegen übernehmen können, weil sie kommendes Semester „nur Hausarbeiten“ schreibe. Durch den Druck der stark reglementierten Regelstudienzeiten – ökonomisiert durch rigide Bafög-Rückzahlungsbedingungen – sei es ausgesprochen schwierig geworden, Mitspieler für längere Zyklen zu finden, sagt Eggstein. „Die meisten gehen nach dem Bachelor weg.“

Andererseits: Wäre es nicht gerade für Germanistik-Studierende naheliegend, praktische Theatererfahrungen zu sammeln? „Sicher“, sagt Plesovskich – die die einzige Germanistin der Theatergruppe ist. „Mich motiviert das Gefühl: Ich wage etwas“, sagt sie. Sie schätzt Theater als „geschützten Ort, an dem man sich etwas trauen darf“.

Sich trauen – und experimentieren. Noch bevor das Theater am Goetheplatz bei „Idomeneo“ seine ersten digitalen Gehversuch in Sachen Bühnenbild machte, brachte das „Theater Incognito“ William Shakespeares „Sommernachtstraum“ in 3-D heraus. Die komplette Bühne wurde digital erstellt, „was bundesweit in dieser Form einmalig sein dürfte“, wie Knut Köstergarten vom kooperierenden Technologie-Zentrum Informatik (TZI) betont.

Monatelang programmierte eine zehnköpfige Projektgruppe des Studiengangs „Digitale Medien“ an 3-D-Effekten und Animationen, damit auf der Bühne auf Knopfdruck ein Wald oder eine Stadt entstehen und digitale Doppelgänger der Schauspieler als dreidimensionale Geister über die Bühne schweben konnten.

Auch Theater und Rennsport ergänzen sich gut: „Bei beiden muss man auf den Punkt fit sein“, sagt Eggstein – „und Grenzen überschreiten.“ Er weiß: Beim Steuern der 500-PS-Maschinen ist man kurz vor dem Abheben am schnellsten.

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