Bürgerkrieg in Syrien: Armee rückt in Aleppo weiter vor
Den Rebellen im umkämpften Aleppo geht langsam die Munition aus. Panzer und Scharfschützen der Regierungstruppen behindern die Bewegungsfreiheit.
ALEPPO rtr | Die Lage der Rebellen in der syrischen Metropole Aleppo wird immer prekärer. Im Kampf gegen die mit Panzern, Hubschraubern und Kampfflugzeugen vorrückende Armee geht ihnen nach Darstellung von Kommandeuren die Munition aus. Zusätzlich schränkten Scharfschützen die Beweglichkeit der Gegner von Präsident Baschar al-Assad ein.
Nach der weitgehenden Vertreibung der Rebellen aus Damaskus hat Assad seine Truppen in der 2,5-Millionen-Metropole Aleppo verstärkt. „Die syrische Armee will uns von Salaheddine aus von zwei Seiten einnehmen“, sagte Rebellenkommandeur Scheich Tawfik am Dienstag.
Angriffe mit Granatwerfern und Panzern zwangen die Aufständischen am Morgen, in den Trümmern beschädigter Häuser und in den Gassen des Stadtteils in Deckung zu gehen. Panzer stießen in Teile Salaheddines vor. Unter dem Schutz des schweren Beschusses gingen Scharfschützen auf Dächern in Stellung.
Rebellenkommandeur Abu Ali nannte die Scharfschützen als Grund dafür, dass kein Nachschub zu seinen Kämpfern gebracht werden könne. Am Montag seien fünf seiner Männer getötet und 20 andere verletzt worden. Gleichwohl versicherten die Aufständischen, noch hielten sie die Hauptstraßen von Salaheddine.
Einst lebendiges Viertel, nun Ruinenlandschaft
Salaheddine, einst ein lebendiges Viertel mit vielen Geschäften und Restaurants, gleicht inzwischen einer Ruinenlandschaft. Weißer Staub bedeckt die zerstörten Häuser. In den Straßen klaffen Krater. Betonbrocken türmen sich. Wo einst die Familien lebten, liegen nun die Schützen auf der Lauer.
Im Osten Aleppos flogen Kampfflugzeuge Luftangriffe. Beim Einschlag einer Artilleriegranate seien zwei Familien mit insgesamt 14 Mitgliedern getötet worden, sagte ein Oppositioneller. Das Haus habe in der Nähe einer Schule gelegen, die von Rebellen genutzt wird.
In Aleppo bedienen sich die Soldaten offenbar derselben Methode wie in anderen Städten: Tagelang nehmen sie die von Rebellen gehaltenen Viertel unter schweren Beschuss. So schwächen sie die Aufständischen erheblich, bevor sie am Boden vorrücken und Haus um Haus erobern.
Während den Kämpfern die Munition ausgeht, wird die Versorgung von Verletzten und Kranken immer schwieriger. Viele Unternehmen hätten wegen des seit 17 Monaten andauernden Bürgerkriegs die Herstellung von Medikamenten eingestellt, erklärte die WHO.
Mangel an Grundstoffen, die westlichen Sanktionen und gestiegene Benzinpreise hätten ein Übriges getan. Es fehle vor allem an Medikamenten für chronisch Kranke. 90 Prozent der Pharmahersteller seien im ländlichen Raum um die umkämpften Großstädte Damaskus, Aleppo und Homs ansässig gewesen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Lang geplantes Ende der Ampelkoalition
Seine feuchten Augen
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen
Altersgrenze für Führerschein
Testosteron und PS
Angeblich zu „woke“ Videospiele
Gamer:innen gegen Gendergaga
Haldenwang über Wechsel in die Politik
„Ich habe mir nichts vorzuwerfen“