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Archiv-Artikel

Keine „Weltmusik“

Die Komponistin Younghi Pagh-Paan wird 60 Jahre alt

Bremen taz ■ Jamilia Jazylbekova aus Kasachstan hat zur Zeit das Stipendium der Villa Massimo in Rom. Samir Odeh-Tamimi aus Israel/Palästina schnitt mit einer Uraufführung in Donaueschingen 2005 bestens ab. Zwei Beispiele für ehemalige Schülerinnen und Schüler der – ja, so dürfen wir mit Lokalpatriotismus sagen – bremischen Komponistin Younghi Pagh-Paan. Seit 13 Jahren bekleidet die Koreanerin die Professur für Komposition an der Hochschule für Musik. In dieser Woche wird sie 60 Jahre alt.

Flankiert wird dieses Ereignis von einem Höhepunkt ihrer künstlerischen Karriere: einem Auftrag des Staatstheaters Stuttgart für ihre erste Oper, die im Sommer 2006 uraufgeführt werden soll. Younghi Pagh-Paan ist 1945 in Seoul geboren, nach einem abgeschlossenen Kompositionsstudium dort 1977 nach Freiburg zum neuerlichen Studium bei Klaus Huber gekommen und hier geblieben. Lange waren ihre wenigen Werke – sie schrieb ein Stück pro Jahr – so eine Art Geheimtipp. Je älter sie wird, desto deutlicher will sie sich dem verbunden fühlen, wo sie herkommt: „Ich möchte mich auf eines verlassen können: dass ich keine Musik schreiben werde, die mich von dem entfernt, was mir als Wurzel unserer Kultur bis heute innewohnt.“

Von dieser Einstellung sprechen viele wunderbare Stücke, mit denen sie kraftvoll Stellung bezieht gegen jede Art von die Quellen verwischender „Weltmusik“. Nicht also im agitatorischen Sinn ist ihre Musik eine zutiefst politische, sondern in der geistigen Haltung. Denn dass Musik die Menschen nicht verändern kann, das weiß sie. Aber Musik kann „sensibilisieren“.

Für den Hörer ist die koreanische Musikauffassung stets präsent: der stete Fluss des Taoismus, die Auffassung des Einzeltones, der im Unterschied zu unseren Tönen ein komplexes Innenleben führt, die Auffassung des Rhythmus, der dazu da ist, die Töne zu präsentieren und charakterisieren. Der Hauch von Fremdheit, der so allen ihren Werken immer mehr eigen ist, wird aufgefangen durch europäische Spieltechniken, wie sie in der Avantgarde üblich sind.

Mit ihren StudentInnen hat sie in Bremen schon viel Wirbel gemacht: Kaum eine Gruppe der Hochschule ist in der Öffentlichkeit so präsent wie das von ihr gegründete „Atelier Neue Musik“. Nicht laut, sondern ganz leise, dafür umso nachdrücklicher und wirkungsvoller. In zwei Konzerten mit Werken ehemaliger SchülerInnen und Pagh-Paan selbst lieferte die Musikhochschule einen beeindruckenden Nachweis des spielerischen Niveaus. Ute Schalz-Laurenze