Protest gegen Gema-Tarife: Der Mensch ist einfach veraltet

Clubbesitzer gehen gegen die Gema auf die Straße, dabei wollen sie eigentlich das Gleiche. Ist das alles nur ein großes Kommunikationsproblem?

Sie wollen Berlin, wie es ist. Bild: dapd

BERLIN taz | „Wenn mit uns keiner verhandelt, können wir uns auch nicht einigen“, sagt Martin Schweda, Gema-Bezirksdirektor Berlin, auf der Pressekonferenz. Seit die Verhandlungen zwischen Gema und dem Hotel- und Gaststättenverband abgebrochen wurden, herrscht Schweigen zwischen der Gesellschaft und den Musikverbänden.

Dafür zeigt die Clubszene ihren Unmut auf der Straße: Während sich die Gema-Mitarbeiter in den Bezirksdirektionen verschanzen, demonstrieren tausende Clubesitzer, Veranstalter und Feierwillige in verschiedenen deutschen Städten gegen das neue Gebührenmodell der Gema.

Die Gema will nicht mehr als zehn Prozent des Eintrittserlöses, da seien alle Zuschläge schon drin, so Ursula Goebel, Leitung der Kommunikationsabteilung. Berechnungen zeigen, das seien 1,7 Prozent des Gesamtgewinns, den ein Club an einem Abend macht. „Ja, die Clubszene wird in den neuen Tarifen stärker belastet, weil sie Musik als Geschäft am stärksten nutzt.“

Die Besucher gehen ja schließlich wegen der Musik in einen Club, so Goebel. „Momentan zahlen manche Clubs nur 20 Euro pro Abend. Das ist zu wenig. Wenn eine Privatperson die gleiche Feier veranstaltet, müsste sie 160 Euro an uns bezahlen.“

„Wir wollen verhandeln, aber nicht auf dieser Grundlage“, sagt Olav Möller, Vorsitzender der Berliner Clubcommission und einer der Organistoren der Demo. Was die Gema nicht beachtet: „Der Veranstalter ist in den meisten Fällen ja nicht der Clubbesitzer. Sie wollen zehn Prozent vom Bruttoerlös. Davon gehen dazu noch Umsatzstuer, Miete für den Club und die GVL-Gebühr ab. Da bleibt einfach nichts mehr über.“ Denn neben der Gema erhebt auch die „Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten“ (GVL) Gebühren. Gema zahlt an die Urheber und Komponisten, die GVL an die Interpreten.

Das böse Internet

„Es fehlt das Verständnis, für geistiges Eigentum bezahlen zu müssen“, meint Silvia Moisig, Dokumentationsdirektorin der Gema. „Beim Bäcker ist es klar, dass man die Brötchen bezahlen muss. Das verstehen die Leute, weil sie etwas in der Hand haben. Die junge Generation hat durch das Internet verlernt, für Musik zu bezahlen.“

„Der DJ ist ein Künstler“, stimmt ihr Lotar Küpper, Anmelder der Demonstration, zu. „Er erbringt durch das Mixen der Lieder eine höhere geistige Leistung, ist also auch Urheber. Die Gema verlangt von ihm seine Playlist, also sein Geschäftsgeheimnis offenzulegen.“

Der zweite Vorwurf der Demonstranten an die Gema: Sie sei nicht transparent genug in der Vergütung. Neben der Meldung der Setlist sollen 120 „Hitboxen“ das verändern. Diese Aufnahmegeräte stehen bundesweit in verschiedenen Clubs und erfassen zeitweise die gespielte Musik. Diese Aufnahmen werden dann durch Mitarbeiter von Mediacontrol ausgewertet. „Monitoring durch die Hitboxen ist uns wichtig, denn so werden auch unbekanntere Lieder erfasst und so besonders junge Künstler besser gefördert“, so Micki Meuser, Musikproduzent und Gemamitglied.

Christoph Lauer, Fraktionsvorsitzender der Berliner Piratenfraktion, reicht das nicht. „120 Boxen für ganz Deutschland sind einfach zu wenig.“ Jeder Künstler solle wissen, wie oft seine Musik gespielt wird und dafür vergütet werden.“ Jedoch allein diese 120 Boxen und die Auswertung kosten das Unternehmen 300.000 bis 400.000 Euro jährlich. Die Gema betont, dies sei der neuste Stand der Technik. „Wir können auf den Mars, wir können Autos ohne Fahrer fahren lassen und das soll nicht funktionieren? Das ist Quatsch.“ Jedes Handy könne inzwischen Lieder erkennen. „Mensch und Stift sind einfach veraltet.“

Noch berät eine Schiedsstelle über die zehnprozentige Abgabe an die Gema. Der Ausgang der Debatte zwischen Gemamitarbeitern, Musikmachenden, Gemamit- und Nichtmitgliedern, Veranstaltern, Clubbesitzern und Politikern bleibt ungewiss. Dabei wollen alle das Gleiche: Geld verdienen und Kunst fördern.

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