: Kontakt wird gesucht
BERLIN ap/taz ■ Knapp eine Woche nach der Entführung von Susanne Osthoff im Irak hat die Bundesregierung noch keinen Kontakt mit den Geiselnehmern. Auch ihre Motive blieben gestern im Dunkeln. Außenminister Frank-Walter Steinmeier schloss nicht aus, dass die Kidnapper es auf Lösegeld abgesehen haben könnten. Einen rein kriminellen Hintergrund der Entführung halte er „für einen möglichen, aber nicht belastbaren Schluss“. Aus einer unprofessionellen Kameraführung bei dem Entführervideo, das der ARD zugespielt wurde, würde er keine Rückschlüsse auf den Täterkreis ziehen, so Steinmeier.
Bundeskanzlerin Angela Merkel wollte sich nicht zu der Frage äußern, ob die Regierung auf mögliche Lösegeldforderungen eingehen würde. Das stehe derzeit „überhaupt nicht zur Diskussion“, sagte sie in Berlin. „Wir sind daran interessiert, erst einmal herauszufinden, wie man überhaupt Kontakt finden kann.“ Die Kanzlerin bekräftigte, dass die Bundesregierung alles daran setzen werde, die Freilassung Osthoffs zu erreichen.
Nach den Worten Steinmeiers stehen die deutschen Behörden in ständigem Kontakt mit Polizeiorganisationen aus Ländern wie Frankreich und Italien, die in Entführungsfällen bereits erfolgreich gearbeitet hätten. Steinmeier äußerte sich gestern nach einer Sitzung des Krisenstabs des Auswärtigen Amtes, in dem bis zu 18 Mitarbeiter rund um die Uhr mit der Geiselnahme befasst sind.
Der irakische Präsident Dschalal Talabani verurteilte die Entführung Osthoffs scharf und kündigte an, sich persönlich für ihre Freilassung einzusetzen. „Ich verabscheue diesen terroristischen Akt zutiefst und möchte mein tiefes Mitgefühl und meine Solidarität mit der Familie und den Angehörigen der Entführten zum Ausdruck bringen“, sagte er. Talabani sicherte gegenüber der Neuen Osnabrücker Zeitung zu, die irakische Führung werde „in jeder erdenklichen Form“ mit der deutschen Regierung zusammenarbeiten.
Die 43-jährige Archäologin Osthoff und ihr irakischer Fahrer werden seit dem vergangenen Freitag vermisst. Auf dem Video sollen die Entführer ein Ende der deutsch-irakischen Zusammenarbeit gefordert haben. Die Bundesrepublik leistet humanitäre Hilfe und unterstützt die Ausbildung irakischer Polizisten.
Nach Angaben der Berliner Zeitung Tagesspiegel hat Generalbundesanwalt Kay Nehm ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Den unbekannten Geiselnehmern wird die Bildung einer kriminellen Vereinigung sowie die Nötigung von Verfassungsorganen vorgeworfen. Damit ist die Erpressung der deutschen Bundesregierung gemeint.
Neben Osthoff sind im Irak derzeit noch vier weitere Ausländer in den Händen von Entführern. Eine Gruppe, die sich den Namen „Schwerter der Rechtschaffenheit“ gab, bekannte sich in einem am Dienstag im Fernsehsender al-Dschasira ausgestrahlten Video zu der Verschleppung von vier Friedensaktivisten der Organisation „Christian Peacemaker Teams“. Bei den Entführten handelt es sich um den 74-jährigen Briten Norman Kember, den US-Bürger Tom Fox, 54, sowie die beiden Kanadier James Looney, 41, und Harmeet Singh Sooden, 32. Der Film zeigt die vier auf dem Boden sitzend, im Hintergrund sind an der Wand gekreuzte Schwerter und ein arabischer Schriftzug zu sehen. Bewaffnete sind nicht im Bild. Die Entführer werfen der Gruppe Spionage vor. Von Forderungen oder Morddrohungen ist nicht die Rede. Vier iranische Pilger, die am Montag entführt worden waren, wurden gestern wieder freigelassen. B.S.