Urteil in Argentinien: Vergewaltigte darf nicht abtreiben
Eine argentinische Richterin hat ein skandalöses Urteil gesprochen: Einem 32-jährigen Vergewaltigungsopfer wird die Abtreibung untersagt.
BERLIN taz | Per einstweiliger Anordnung hat eine Richterin in Argentiniens Hauptstadt die erste legale Abtreibung in der Stadt gestoppt. Vorausgegangen war ein monatelanges Tauziehen im Stadtparlament, wie ein Urteil des Obersten Gerichtshofes des Landes umzusetzen ist. Der hatte im März geurteilt, dass Frauen, die aufgrund einer Vergewaltigung schwanger werden, künftig keine gerichtliche Genehmigung mehr einholen müssen, um abtreiben zu dürfen.
Vor gut zwei Wochen war im Stadtparlament von Buenos Aires mit der knappen Mehrheit von 30 zu 29 Stimmen dann ein Gesetz verabschiedet worden, das die Freiheiten noch weiter ausdehnte: Demnach musste die abtreibungswillige Frau nicht einmal mehr Anzeige wegen der Vergewaltigung stellen, minderjährige Schwangere durften auch ohne Zustimmung ihrer Eltern abtreiben, und Ärzte durften die Durchführung nicht aus Gewissensgründen verweigern.
Das ging dem konservativen Bürgermeister Mauricio Macri zu weit, und er kündigte an, das Gesetz per Veto zu stoppen, nicht aber ohne einen Tag vorher öffentlich zu verkünden, dass in dieser Woche die erste legale Abtreibung in Buenos Aires stattfinden solle. Es ginge um ein 32-jähriges Vergewaltigungsopfer. Die Frau habe sämtliche Rechtsinstanzen durchlaufen.
Das rief nun wiederum eine Organisation selbsternannter Lebensschützer auf den Plan, die vor Gericht zogen, um die Abtreibung zu stoppen, und von Richterin Myriam Rustán de Estrada mit der einstweiligen Anordnung belohnt wurden. Sie hat eine Geschichte umstrittener Urteile in sozialethischen Fragen.
Die Stadtregierung ihrerseits ist damit nun auch wieder unglücklich, weil der Fall der 32-Jährigen in jedem Fall den vom Obersten Gericht aufgestellten Kriterien entspricht. Sie will jetzt gegen das Urteil in Berufung gehen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Fragestunde mit Wladimir Putin
Ein Krieg aus Langeweile?
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin