Windkraft: Politik lässt Nordseewerke fallen

Niedersachsens Wirtschaftsminister versagt überraschend dem Emdener Anlagenbauer Siag seine Bürgschaft. Rund 700 Arbeitsplätze sind nun in Gefahr.

Arbeitsplätze in Gefahr: Anlagenbauer Siag in Emden. Bild: dpa

Die schlechte Nachricht kam für die Arbeiter der Nordseewerke in Emden unerwartet. Die niedersächsische Landesregierung hatte am Dienstag erklärt, nicht länger für Kredite des Windkraftanlagenherstellers Siag zu bürgen. Das bedeutet möglicherweise Arbeitslosigkeit für die 700 Angestellten des Werks. Denn das angeschlagene Unternehmen ist seit März dieses Jahres auf die Unterstützung des Landes angewiesen.

Der Grund für seinen plötzlichen Stimmungswechsel sei eine neue, negative Bewertung der großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Pricewaterhouse Coopers, sagte Wirtschaftsminister Jörg Bode (FDP). Die habe ermittelt, dass es für das Land mit „erheblichen Risiken“ verbunden sei, für Siag einzustehen. Der Betriebsrat hat dafür kein Verständnis. Das Unternehmen habe selbst ein Gutachten in Auftrag gegeben, das zu einem positiven Schluss gekommen war, sagt dessen stellvertretender Vorsitzender Hans-Günther Schäfer.

Die ehemalige Schiffsbauwerft hat in den vergangenen Jahren einige Turbulenzen erlebt. Nachdem sie 2010 von der Siag Schaaf Industrie AG übernommen wurden, sattelten die Werftarbeiter von Booten auf die Herstellung von Offshore-Windkraftanlagen um. Bereits im Jahr darauf war die Konzernmutter insolvent – und ihre Tochter Siag Nordseewerke GmbH machte sich im Alleingang auf die Suche nach einem neuen Investor.

Einige Konzerne hätten bereits Interesse an der ehemaligen Werft und ihrer langjährigen Belegschaft bekundet, sagt Betriebsrat Schäfer. Doch übernehmen könne der neue Investor erst Anfang 2013. So lange ist das Werk auf die Kredite der Nord LB angewiesen und darauf, dass das Land für sie bürgt.

Die niedersächsischen Landtagsgrünen forderten Bode auf, zu erklären, warum bei früheren Prüfungen den Nordseewerken „eine sichere Zukunft zugetraut wurde, und in wessen Verantwortung die Fehlentwicklungen liegen“, sagte deren wirtschaftspolitischer Sprecher Enno Hagenah. Er nennt das Verhalten des Ministers eine „politisch erzwungene Insolvenz“.

Die Belegschaft reagierte wütend auf Bodes Entscheidung. Bei einem Besuch auf dem Werksgelände am Mittwoch empfingen sie ihn mit Buhrufen. Gewerkschaftssekretär Frank Grabbert von der IG Metall sagt, das Land trage eigentlich an einer viel grundlegenderen Stelle Verantwortung: Durch die lahmende Anbindung der Windkraftanlagen an das Stromnetz seien schließlich die Aufträge vieler Windkraftanlagen gefährdet. Hier müsse die Landesregierung unterstützend eingreifen, statt den Werksarbeitern die Existenzgrundlage zu nehmen.

Am Donnerstag traf sich Emdens Oberbürgermeister Bernd Bornemann (SPD) mit Politikern, Gewerkschaftern und dem Betriebsrat zu einer Krisensitzung. Für den kommenden Montag ist ein Spitzengespräch mit Ministerpräsident David McAllister (CDU) anberaumt. Von Bode heißt es dazu, er werde zwar weiterhin die Nordseewerke „bei der Investorensuche unterstützen“, an der zurückgezogenen Bürgschaft aber festhalten. Die Linke im Landtag forderte unterdessen McAllister auf, den Fall „zur Chefsache zu machen“.

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