: Neue Wand für Dinges-Dierig
Bildungssenatorin will bis Sommer 2006 alle Hamburger Schulen in Selbstverwaltung entlassen. Die fünf Personalräte sollen aufgelöst werden. Schulleiter sehen sich nicht ausreichend vorbereitet
Von Kaija Kutter
„Es ist schön, dass jetzt immer die Nachbarbehörde den Ärger hat“, scherzte kürzlich ein leitender Mitarbeiter der Bildungsbehörde. Doch seine Senatorin Alexandra Dinges-Dierig (CDU) arbeitet sich gerade in die Schlagzeilen zurück. Bis zum Sommer will sie alle 430 Schulen in die Selbständigkeit entlassen. Damit würde Hamburgs Schulsystem „endgültig und ohne Not gegen die Wand gefahren“, erklärt der Verband der Hamburger Schulleitungen (VHS).
Dass Dinges-Dierig die Selbstverantwortung möchte, ist kein Geheimnis. Doch laut VHS-Sprecher Klaus Wendtland wissen „diejenigen, die es betrifft“, noch nichts über die Details. Jetzt aber liegt eine interne „Vorabinformation des Senats“ über das geplante Gesetz vor, aus der hervorgeht, dass die Schulen künftig eigene Budgets erhalten, die Schulleiter Dienstherren werden und Personal einstellen sollen. Doch darauf, so warnt Wendtland, seien diese nicht vorbereitet: „Wir fragen uns, ob wir hier verheizt werden sollen.“
Ihn ärgert aber auch der enge Zeitplan. Erst am 20. Dezember sollen die Schulen die Papiere bekommen. Eine Entscheidung des Senats ist aber schon für Februar avisiert. „In Neuseeland“, so wütet Wendtland, nenne man einen solchen von Politikern ohne Not erzeugten Zeitdruck „Blitzkrieg“.
Nicht minder in Rage sind die fünf nach Schulform differenzierten Personalräte. Diese ihr unbequemen Gremien will Dinges-Dierig abschaffen und durch Kleinstpersonalräte an den Schulen ersetzen. Dort aber, so fürchtet Personalrat Michael Bartsch, sind die Lehrer abhängig vom Rektor, so dass ein „Verhandeln auf Augenhöhe“ unmöglich sei.
In früheren Gesetzentwürfen sah die Bildungsbehörde noch einen „Gesamtpersonalrat“ auf Landesebene vor. Doch nun sollen die Beschäftigteninteressen hamburgweit allenfalls durch die „gewerkschaftlichen Spitzenorganisationen“ gewahrt werden. Dabei ist ein Gesamtpersonalrat beispielsweise für die Polizei selbstverständlich. „Es gibt in dieser Stadt“, ergänzt Personalrat Hans Voss verbittert, „Personalrecht für Menschen und Personalrecht für Lehrer.“
„Der Zeitrahmen ist zu eng, die Sache muss breit diskutiert werden“, sagt auch ver.di-Sekretärin Sieglinde Friess. So sei zu befürchten, dass das eigene Budget das „soziale Gefälle unter den Schulen verschärft“. Das Projekt an sich sei „richtig“, die Umsetzung aber „zu schnell, zu zentralistisch und ohne die Beteiligten“ mahnt auch GAL-Schulpolitikerin Christa Goetsch.
„Vieles“, worüber man hier rede, sei „unstrittig vernünftig“ und „schon seit einem Jahr bekannt“, hält Bildungsbehördensprecher Alexander Luckow dagegen. Mögliche Mehrarbeit für die Schulleitungen könnte schließlich dadurch aufgewogen werden, dass der „Abstimmungsbedarf“ mit der Behörde wegfalle.