: Eine Überdosis Galgenhumor
ABGRÜNDE Zum Unverständnis der Fürther Spieler wird das Team beim 0:3 gegen Hoffenheim vom eigenen Publikum gedemütigt
FÜRTH taz | Helmut Hack und seine Gattin waren so ziemlich die Einzigen, die noch fünf Minuten nach Abpfiff auf ihren Haupttribünen-Plätzen saßen. Dem mächtigen Fürther Präsidenten konnten also die Rufe aus der Kurve nicht entgangen sein. „Helmut raus!“, hatten die Fans skandiert – es gibt nicht wenige, die dem allmächtigen Präsidenten übelnehmen, dass er im Februar den Coach Mike Büskens feuerte und offenbar keine Ahnung hatte, wer ihn ersetzen könnte. Das, immerhin, soll nach dem Offenbarungseid des 0:3 gegen Hoffenheim nach Toren von Firmino (10.), Joselu (16.) und Weis (50.) bald anders sein: „In der kommenden Woche“, so Hack, werde man den Neuen präsentieren. Ob der U23-Coach der Hoffenheimer, Frank Kramer der Glückliche sein wird, war nicht herauszukriegen. Wohl aber, dass der neue Mann ein Arbeitspapier unterschreiben wird, das auch für die Zweite Liga gilt. „Wir können rechnen und die Tabelle lesen“, sagte Hack. „Es geht jetzt auch darum, sich vernünftig zu verabschieden.“
Diesen frommen Wunsch teilen die Fans. Nicht einen Heimsieg durften sie in dieser Spielzeit beklatschen, anno 2013 hat das Kleeblatt vor heimischem Publikum nicht mal einen Treffer erzielt. Und nun dieser kraft- und planlose Auftritt gespickt mit individuellen Fehlern und ohne die geringste Chance, wenigstens zu einem Ehrentreffer zu gelangen. Die Fürther Zuschauer, die bei den zwölf Heimspielen vor dem Match gegen die TSG ihr Team immer geduldig angefeuert hatten, verloren diesmal die Geduld. Doch anstatt zu pöbeln, wählten sie das scharfe Schwert des Sarkasmus, bejubelten umeinanderstürzend Tore, die nicht gefallen waren, sangen „Oh, wie ist das schön“ und behaupteten, „über Sinsheim“ führe ihr Weg „nach Europa“.
Diese Überdosis an Galgenhumor, bekannten später die Fürther Spieler, habe sich allerdings auf dem Platz noch schlimmer angefühlt als ein gellendes Pfeifkonzert: „Das hat richtig wehgetan“, sagte Stephan Fürstner, während Mergim Mavraj, der Fürther Kapitän, Realismus anmahnte. „Wir haben es nicht verdient, so lächerlich gemacht zu werden. Wir sind geschlossen hochgegangen, nun sollten wir auch geschlossen runtergehen.“
Der Mann hat Recht: Man kann dieser jungen Mannschaft keinen Vorwurf machen. Fürth hat versucht, mit einem 12-Millionen-Etat in einer Liga zu bestehen, in der ein einziger Topverdiener ziemlich genau diese Summe verdienen dürfte. Fürth, das hätte Mavraj wohl gerne deutlicher gesagt, ist einfach zu schwach für die Bundesliga. „Immer von Leidenschaft und Wille zu sprechen, ist zu billig“, sagte er stattdessen. „In der ersten Liga geht es auch darum, Fußball zu spielen und Eins-zu-eins-Situationen zu gewinnen.“ CHRISTOPH RUF