Kunstvoll tafeln

KOCHKUNSTGALERIE Kunst naschen und dabei sogar noch wirklich satt werden – im Zagreus-Projekt gibt es bis Ende März eine Ausstellung zum Aufessen

In roten Buchstaben leuchtet das Schild des Zagreus-Projekts in der Brunnenstraße. Dort in dem hübschen Hinterhofhäuschen will der Galerist und Koch Ulrich Krauss essensbezogene Kunst mit guter Küche verbinden. Passend zur jeweils laufenden Ausstellung entwickelt er dafür ein Kochkonzept. An zwei bis drei Abenden pro Woche serviert er so ein Themenmenü für bis zu 20 Gästen, die an seiner Tafel zusammenkommen. Die sich unterhalten, die Atmosphäre genießen und nicht zuletzt die Speisen.

Derzeit stellen im Zagreus-Projekt die Künstlerinnen Anja Fiedler und Sabine Hilscher ihr nachhaltiges Projekt „Stadt macht satt“ aus. Darin problematisieren sie die sich ständig bewegende Konsumgesellschaft, in der die Nahrungsaufnahme vor lauter Hektik lediglich auf eine Begleiterscheinung des Alltags reduziert wird. Schnell müsse das Essen gehen, billig solle es sein und am besten to go. Herkunft und Zubereitung der Lebensmittel aber blieben unhinterfragt. Im Rahmen des Bildungsprogramms „Über Lebenskunst“ entwickelte Fiedler 2010 daraus ein Konzept, das Zusammenspiel von Nahrung und Wirtschaft thematisieren sollte.

Aussortierte Ware

„In der Stadt gibt es so viele ungenutzte Lebensmittel, die täglich weggeworfen werden, weil sie wegen einer Druckstelle im Supermarkt aussortiert werden oder für den Bioladen nicht mehr frisch genug sind“, erzählt Fiedler. „Wir wollen diesen Lebensmitteln ihren Wert zurückgeben und zeigen, wie viele ungebrauchte Ressourcen in unserer Umgebung stecken.“

So initiierte sie an Einrichtungen von der Kita bis zum Gymnasium das Projekt „Stadt macht satt“, bei dem Kinder und Jugendliche sowohl produzieren, als auch konsumieren sollen.

Dieses auch preisgünstige Wirtschaften mit Lebensmitteln folgt dem sogenannten „Stadternte-Konzept“, das auf drei Säulen aufgebaut ist: das Nutzen der Stadtnatur, des Stadtüberflusses und des urbanen Gärtnerns. Das Gesammelte wird entweder frisch verarbeitet oder zu Gelee, Marmelade, Chutney oder auch Sirup eingemacht.

In Kooperation mit Bioläden und Bauernhöfen wird sonst ungenutztes Obst und Gemüse abgeholt. Die Mengen variieren, manchmal muss zusätzlich etwas von Zuhause mitgebracht werden. Weggeschmissen wird allerdings nichts. Die Unesco zeichnete das Projekt als vorbildlich aus.

Wildschwein auf den Tisch

Bisher wurde „Stadt macht satt“ hauptsächlich an Bildungsstätten durchgeführt. Nun wollen Anja Fiedler und Sabine Hilscher ihren Fokus allerdings auf auf die Ästhetik des Essens setzen. Erster Schritt in diese Richtung ist ihre Ausstellung im Zagreus-Projekt. Aufgrund der kurzfristigen „Ernte“ entscheidet Ulrich Krauss dann spontan, was an den Esskunst-Abenden jeweils gekocht wird. Zur grünen Beute gibt es bei seinem Viergängemenü jedenfalls – dem regionalen Prinzip folgend – Wildschwein aus dem Grunewald. HENGAME YAGHOOBIFARAH

■ Die Ausstellung zum Aufessen gibt es am 13./15./16./20./22./23./27./28. März, jeweils 20 Uhr, im Zagreus Projekt, Brunnenstr. 9a. Menü pro Person 32 Euro. Reservierung ☎ 28 09 56 40 oder info@zagreus-berlin.net