Kolumne Logbuch: „Gambare! Gib dein Bestes“

Langweilig wird es nicht auf der Peace-Boat-Tour. Die meisten meiner japanischen Reisegefährten haben vorab geübt. Sie haben schon „in-Acht-Tagen-durch-Europa“ hinter sich.

Das Peace-Boat vor Anker. Bild: Christina Felschen

„Wollen Sie nicht doch eine Reiserücktrittsversicherung?“, fragt mich mein Versicherungsmakler im letzten Moment. „So eine Kreuzfahrt kann ganz schön langweilig werden!“ – Schön wärs! Ein bisschen Poolgeplansche, ein paar Nächte unterm Sternenhimmel wären ganz nett.

Aber er hat nicht mit meinen japanischen Reisegefährten gerechnet. „Europa in 8 Tagen“ haben die meisten schon hinter sich, jetzt folgt: „In 102 Tagen um die Welt“.

Dabei hätten sie Entspannung verdient. Immerhin haben die Rentner unter ihnen den Wahnsinn des japanischen Arbeitsalltags überlebt und die Jungen haben ihn noch vor sich.

Doch anstatt auf dem Sonnendeck zu liegen, gehen sie mit Block und Stift zu Vorträgen, um sich Tourismus definieren zu lassen. Oder sie arbeiten bis tief in die Nacht an Power-Point-Präsentationen, während sich die Crew an der leeren Bar langweilt.

Yutaro ging noch zum Kindergarten, als ihm seine Mutter erstmals vorschlug, alleine mit Peace Boat zu verreisen, um „die Wirklichkeit der Welt“ kennen zu lernen. Jetzt ist er 13, ein schmaler Junge mit Borstenschnitt und Muskelshirt. Im Vorbeigehen feuern er und seine Freunde sich gegenseitig an: „Gambare! Gib dein Bestes!“

berichtet derzeit als Journalistin vom Bord des Kreuzfahrtschiffes „Ocean Dream". Sie nimmt dort teil an der von der japanischen Nichtregierungsorganisation „Peace Boat“ organisierten 78. Friedensfahrt einmal rund um den Globus. Am 14. Dezember 2012 hieß es „Leinen los!“ in Yokohama. Am 23. März 2013 wird das Kreuzfahrtschiff in Japan zurückerwartet. Christina Felschen wird alle 14 Tagen in ihrer „Kolumne Logbuch“ auf taz.de berichten, wie es mit dem schwimmenden Dorf weitergeht.

Unsere Landgänge sind eher Landläufe. In zehn Minuten lassen wir uns zu dreißigst durch Gandhis winziges Haus bei Durban bugsieren. Jede Minute ist durchgeplant, noch im Bus proben wir Lieder, die wir den Partnerorganisationen vor Ort vorsingen.

Da wir gen Westen fahren, gönnt der Käptn uns regelmäßig 25-Stunden-Tage. „Eine Stunde länger schlafen!“, denke ich vergnügt. Doch meine Reisegenossen haben die Stunde längst verplant: für ein Mitternachtsseminar in fernöstlicher Medizin.

„Gesund ist das nicht“, sagt der japanische Arzt und Medienstar Minoru Kamata in einem Vortrag über die „Gambare“-Mentalität.

Doch nach 90 Minuten Entschleunigungstheorie rudert er zurück: „Da ihr euch die Zeit für eine Weltreise nehmen könnt, lauft ihr natürlich nicht Gefahr, euch zu überanstrengen.“ Gambare! Also doch.

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