Tierquälerei in der Schweinezucht: Zu wenig Platz für die Sau

Seit Januar sollen Sauen nicht mehr ihr ganzes Leben in Käfigen verbringen. In Niedersachsen halten sich aber nicht alle Landwirte daran, kritisieren Tierschützer.

Soll sich bequem auf die Seite legen und ausstrecken können: Zuchtsau im Kastenstand. Bild: Animal Rights Watch

HAMBURG taz | Zuchtsauen sollen es eigentlich etwas komfortabler haben. War es bis 2012 noch erlaubt, die Sauen ihr ganzes Leben in sogenannten Kastenständen zu fixieren, müssen die Landwirte jetzt EU-weit für Auslauf in der Gruppe sorgen. Nach Recherchen der Tierschutzorganisation Animal Rights Watch (Ariwa) sieht das in Niedersachsen anders aus.

„Wir haben drei Zuchtställe in den Landkreisen Vechta und Cloppenburg besucht“, sagt Jürgen Foß von Ariwa. Beide Betriebe in Vechta entsprachen laut Foß nicht den neuen EU-Vorschriften. „Die Züchter wussten spätestens seit 2006, dass sie ihre Ställe umrüsten müssen“, sagt Foß. „Wir konnten aber an den Laufkarten, in denen alles vom Zeitpunkt der Besamung bis zum letzten Wurf steht, sehen, dass die Sauen viel zu lange in den Käfigen standen.“ Außerdem wiesen die Ställe im Landkreis Vechta bauliche Mängel auf, die Kastenstände seien zu schmal, die Ställe überbelegt und es fehle Spielzeug für die Tiere.

Es gäbe Hinweise, dass nicht alle Landwirte ihre Ställe den gesetzlichen Rahmenbedingungen angepasst hätten, sagt auch Niedersachsen Landwirtschaftsminister Christian Meyer (Grüne). Bis zum 15. März müssten alle Landkreise und kreisfreien Städte erneut melden, wie viele Zuchtbetriebe die Sauen ausschließlich in den Käfigen halten. Dann werden mögliche Sanktionen geklärt – denkbar sei etwa ein Bußgeld in Verbindung mit einer Gewinnabschöpfung.

„Studien belegen, dass die EU-Vorschrift bundesweit in 73 Prozent der Ställe umgesetzt wurde“, sagt Vera Steder, Vorsitzende des Tierschutzbundes Niedersachen. In Niedersachsen gehen die Behörden von 80 Prozent aus. „Diese Zahl beruht zum überwiegenden Teil auf den Selbstauskünften der Landwirte“, sagt Stede. Die Veterinärämter der Landkreise führen nur Stichproben durch und seien oft unterbesetzt. „Es fehlt an Transparenz und die Kontrollmechanismen greifen nicht“, sagt Stede.

Ansgar Meyer, Pressesprecher des Landkreises Cloppenburg, geht von einer Verwechslung aus. „Wir haben den besagten Stall kontrolliert und es gab nichts zu beanstanden“, sagt Meyer. Zur Frage, wie viele Ställe im Landkreis von wie vielen Mitarbeitern des Veterinäramtes kontrolliert werden müssen, konnte Meyer noch nichts sagen.

2001 hat die EU beschlossen, dass Zuchtsauen langfristig mehr Platz in ihren Ställen brauchen und nicht mehr ihr ganzes Leben eingezwängt im sogenannten Kastenstand verbringen dürfen.

Deutschland hat diese Anforderung 2006 durch die Tierschutz-Nutzungshaltungsverordnung (TierSchNutzV) übernommen. Für Schweinezuchtställe, die vor dem 4. August 2006 genehmigt oder genutzt wurden, galt eine Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2012.

Seit 2013 müssen auch die Altställe für Zuchtsauen umgerüstet sein und laut TierSchNutzV müssen Sauen "im Zeitraum von über vier Wochen nach dem Decken bis eine Woche vor dem voraussichtlichen Abferkeltermin" in der Gruppe gehalten werden.

Die Landkreise sind verpflichtet, pro Jahr zehn Prozent der schweinehaltenden Betriebe zu überprüfen. „In Vechta wurden von den 151 Zuchtbetrieben in den vergangenen zwei Monaten 45 Betriebe überprüft“, sagt Katharina Bornhorn vom Landkreis Vechta. Die restlichen Betriebe stünden in den nächsten Monaten an. „Im letzten Jahr hat das Amt für Veterinärwesen und Lebensmittelüberwachung mehrmals telefonisch den Sachstand abgefragt“, sagt Bornhorn. Überprüft wurde dann nach dem Zufallsprinzip.

Foß geht davon aus, dass irgendwann alle Zuchtställe umgerüstet sein werden. „Aber auch nach der neuen Verordnung werden die Sauen fast die Hälfte ihres Lebens fixiert“, sagt Foß. Das müsse sich grundlegend ändern.

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