Mauerprotest: Looking for Hasselhoff
Um Aufmerksamkeit für die East Side Gallery zu bekommen, lassen sich Alt-Aktivisten mit Alt-Stars ein und ziehen mit David Hasselhoff an der Mauer entlang.
David Hasselhoff, 60, tuckert in einem gelben Bauwagen zwischen 5.000 Menschen die East Side Gallery entlang. In einer Tour ruft der Sänger und Schauspieler: „Wie geht’s, geht‘s gut?“ auf Deutsch in sein Mikrofon, um sofort mit dem Refrain von „I’ve been looking for freedom“ nachzulegen. Die jungen Zuhörer um ihn herum johlen, Hasselhoffs Assistent filmt alles mit seinem Telefon, auch als die ersten Fans anfangen, in Socken die Mauerreste hochzuklettern.
Diese Mauerreste sind der Grund für Hasselhoffs Berlinbesuch am Sonntag. „The Hoff“, wie ihn seine Fans nennen, hätte gerne, dass die einstige Grenzanlage als Denkmal erhalten bleibt und dass der ehemalige Todesstreifen dahinter nicht bebaut wird. Dafür macht er vor Ort gemeinsame Sache mit dem Bündnis „East Side Gallery retten!“, das aus diversen Initiativen wie Mediespree versenken und der Clubcomission besteht. „Diese bemalte Mauer zeugt von der Euphorie der Wende, während das Denkmal in der Bernauer Straße für die Ernsthaftigkeit steht“, erklärt der US-Amerikaner.
Mit Wendeeuphorie kennt Hasselhoff sich aus, seit er zur Silvesternacht 1989, in eine illuminierte Lederjacke gekleidet, am Brandenburger Tor seinen Freedom-Hit sang. Es war der vielleicht wichtigste Moment seiner Karriere; er ließ ihn zum Teil der Geschichte werden, viel größer als er selbst. Davor war er in der Fernsehserie „Knight Rider“ in einem sprechenden Auto herumgefahren, danach wurde er in den Neunzigern erst zum „Baywatch“-Bademeister und später alkoholsüchtig.
Kein Wunder also, dass The Hoff seine Berlin-Erinnerungen lieb und teuer sind.Bei einer Pressekonferenz am Sonntagmittag erzählt er Anekdoten von seinen Konzertreisen durch das schlaglöcherige Ostdeutschland, wo Steaks wie Schuhsohlen schmeckten und Menschen ihm Schilder entgegenreckten: „Thank you for the Mauerfall!“
Nostalgiker unter sich
Mit seiner Nostalgie ist er an der East Side Gallery nicht allein. Viele der Anwesenden sind nicht wegen des Protests hier, sondern weil sie Fans sind. Nun schwenken sie alte Knight Rider-Poster, sie sind mit der Serie aufgewachsen und finden The Hoff bis heute cool, aber selbstverständlich eher auf eine ironische Art und Weise. Als „halb lustig, halb trashig“ beschreibt Maximilian, 27, aus Stralau diesen Marsch und bricht in Lachen aus, jedes Mal, wenn Hasselhoffs „Wie geht’s, geht’s gut?“ aus dem Bauwagen durch die Masse dröhnt und die Kamerateams versuchen, noch ein Stück näher an das Gefährt heranzukommen. Elena, 30, die in ihrer Schlafanzughose aus Friedrichshain hergekommen ist, überblickt kopfschüttelnd das Szenario: „Ich bin mir sicher, nach dieser Aktion lassen sie die Mauer stehen“, sagt sie.
In dieser Woche endet der Baustopp für einen Mauerdurchbruch. Ein Stück der 1,3 Kilometer langen Anlage soll versetzt werden, damit am Spreeufer ein Luxuswohnturm entstehen kann. Eine kleine Lücke haben Bagger bereits gerissen. Der Bürgermeister von Friedrichshain-Kreuzberg, Franz Schulz (Grüne), geht davon aus, dass sich die Mauer nur komplett erhalten ließe, wenn der ehemalige Todesstreifen unbebaut bleibt. Damit unterstützt er die Linie des Bündnisses „East Side Gallery retten!“
Genau wie the Hoff mit dem sonntäglichen Spektakel. Auf der Pressekonferenz posiert er mit einem Kind, dem er für die Fotografen mit zwei Fingern ein Lächeln ins Gesicht zieht. Bündnissprecher Lutz Leichsenring sitzt daneben und versucht, entspannt zu gucken. In Anbetracht der kirmesartigen Stimmung erklärt er, warum man über Hasselhoff erfreut sei: „Jede Aufmerksamkeit für die Situation auf dem Spreeareal ist willkommen.“ Hasselhoff habe zudem das Fundraising-Programm „We are Berlin“ ins Leben gerufen, wo BürgerInnen Geld spenden können. „Damit können wir etwa Fachanwälte bezahlen“, so Leichsenring.
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