Banken und Anlegerschutz: Provisonsmodell bleibt die Regel

20 Milliarden Euro verlieren Verbraucher jährlich, weil Banken sie falsch beraten. Ein Gesetz sollte die alternative Honorarberatung stärken. Kann es das leisten?

Wer auch im Alter noch etwas von seinem Geld haben will, sollte sich nicht von einem provisionsgetriebenen Bankberater dummreden lassen. Bild: dpa

BERLIN taz | Spätestens seit der Lehman-Pleite ist klar: Wenn Sie als Verbraucher Geld zu verschenken haben, gehen Sie am besten zu Ihrer Bank und lassen sich dort beraten. Es kann gut sein, dass Ihr Geerbtes oder Erspartes dann Teil der rund 20 Milliarden Euro wird, die nach Schätzungen von Verbraucherschützern jährlich durch falsche Anlageberatung verloren gehen.

Abhilfe schaffen soll nun ein neues Gesetz, das der Bundestag in der Nacht zum Freitag verabschiedet hat: Mit dem „Honoraranlageberatungsgesetz“ will die Bundesregierung alternative Beratungen stärken und fördern.

Im Zuge der Finanzkrise war deutlich geworden, dass bei den sogenannten Anlageberatungen in den Banken in der Regel nicht die Bedürfnisse des Kunden im Mittelpunkt stehen, sondern die Frage, mit dem Verkauf welcher Produkte die Bank selbst am meisten verdient.

Hintergrund ist die vorherrschende Provisionsregel: Anbieter von Fonds und anderen Geldanlagen zahlen den Banken für jedes verkaufte Produkt eine Belohnung, deren Höhe von der Höhe der Anlage, der Laufzeit, vor allem aber von der konkreten Anlageform abhängt. Deshalb gibt es in den meisten Instituten konkrete Vorgaben für die Berater, welche Produkte sie in welchem Umfang absetzen sollen. Finanziert wird die Provision letztlich über mehr oder weniger versteckte Gebühren über Jahre hinweg vom Bankkunden selbst.

Beratung statt Verkauf

Das neue Gesetz soll nun als Alternative dazu die Honorarberatung als eigenständiges Berufsbild etablieren. Tatsächlich gibt es diese schon lange, und die neuen Regelungen schreiben lediglich einen Teil dessen fest, was der Berufsverband Deutscher Honorarberater (BVDH) von seinen Mitgliedern verlangt: Honorarberater dürfen ausschließlich von ihren Kunden vergütet werden, also keine Provisionen für den Verkauf annehmen. Falls Anlageprodukte gar nicht ohne erhältlich sind, muss der Berater die für ihn selbst gedachte Belohnung direkt an den Kunden auszahlen.

Um Provisions- und Honorarberatung klar zu trennen, müssen sich Honorarberater in ein öffentliches Register eintragen lassen. Wenn Banken auch Honorarberatung anbieten wollen, müssen sie diesen Bereich komplett von organisatorisch, funktionell und personell von der Provisionsberatung abschotten.

Sprachliche Verwirrung

Beim BVDH wie auch in den Verbraucherschutzzentralen ist man nicht einmal halb zufrieden mit der Regelung. Zwar sei es gut, dass der Berufsstand „Honorarberater“ fest verankert werde, sagt der Vorstandsvorsitzende Karl Matthäus Schmidt. Aber insgesamt sei das Gesetz inhaltlich enttäuschend und stifte beim Verbraucher wohl eher Verwirrung als Klarheit. Beispielsweise fordert der BVDH eine deutlichere Sprache: Wer provisionsgetrieben Produkte verkaufe, dürfe bestenfalls "Vermittler" heißen. Die Bezeichnung „Berater“ müsse dagegen denjenigen vorbehalten sein, die tatsächlich von den Bedürfnissen des Kunden ausgingen.

Die Verbraucherschützer sehen das Hauptproblem darin, dass das Gesetz gar nicht alle Anlageformen abdeckt. Es gilt nur für Finanzprodukte, die im Wertpapierhandelsgesetz geregelt sind, Versicherungen oder auch Immobilienfinanzierungen fallen beispielsweise raus. „Der Honorarberater muss (aber) die gesamte finanzielle Situation des Verbrauchers in den Blick nehmen“, heißt es beim Verbraucherzentralen Bundesverband.

SPD-Finanzexperte Carsten Sieling fasst die Kritik so zusammen: „Das Gesetz ist ein Etikettenschwindel. Weder wird damit die notwendige Transparenz auf dem Markt für Finanzprodukte geschaffen, noch können sich künftig Anleger darauf verlassen, dass der Finanzanlageberater nur in ihrem Interesse berät“. Statt dessen werde die Honorarberatung „dauerhaft zur Subkultur im Finanzmarkt degradiert“.

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