Abgang eines Museumsdirektors: Der Knall am Montagabend

Carsten Ahrens will nicht länger Direktor des Museums Weserburg sein. Sein neuer Vertrag war erst im Mai still und heimlich verlängert worden – trotz aller Kritik an ihm und seinem Konzept

Hat um Freistellung gebeten: Weserburg-Direktor Carsten Ahrens Bild: Klaus Wolschner

BREMEN taz | Kabooom! wird schon bald an der Außenwand der Bremer Weserburg stehen. Direkt unter den Fenstern des Direktorenzimmers werden Industriekletterer ein riesiges Transparent anbringen: Eine Werbeaktion für die Ausstellung zu „Comic in der Kunst“, die am Wochenende eröffnet. Aber unfreiwillig ist damit ein vorbildlich treffender Kommentar zur Lage des Hauses geglückt. Museums-Chef Carsten Ahrens nämlich hatte Montagabend um die Freistellung gebeten, offenbar nachdem ihn die Museumsbelegschaft damit konfrontiert hatte, nicht mit ihm zusammenarbeiten zu können. Ein echter Knaller.

Und ein teurer, auch wenn das Haus in privater Trägerschaft ist. Der Vorsitzende des Stiftungsrats Klaus Sondergeld, früher Sprecher des Bremer Senats, wird mit ihm nun in den kommenden Wochen über eine Auflösung des Vertrags verhandeln müssen – der erst im Mai unterzeichnet worden war, still und leise.

Das war erstaunlich: Denn während es sonst gang und gäbe ist, die Leitungspersonalie von Kultureinrichtungen zum Gegenstand einer Pressekonferenz zu machen, hatte es nicht einmal eine dürre Mitteilung gegeben. Ja, sogar die vom Betriebsverfassungsgesetz vorgegebene Unterrichtung des Betriebsrats war unterblieben. Klar, auch ein ausgebuffter Öffentlichkeits-Mann wie Sondergeld vergisst schon mal etwas. Aber so etwas?

An Ahrens’ Art, das Haus zu führen, hatte sich schon zuvor teils scharfe Kritik entzündet. Er nannte sie „im Kern nicht sachlich“. Nun gab er an, durch seinen Rückzug „die Möglichkeit eröffnen“ zu wollen, „darüber zu sprechen, wie die Weserburg eventuell vor Schaden bewahrt werden“ könne, „der durch die öffentliche Diskussion über mich entstehen könnte“: Auf Sprechblasendeutsch hätte das „Menno“ geheißen. Oder Spirale, dunkle Wolke, geballte Faust und Totenschädel.

Als die Weserburg vor 20 Jahren gegründet wurde, als Zukunftsprojekt, da war Alleinstellungsmerkmal, dass das Haus Sammlungen sammelte: Statt also in erster Linie selbst Werke anzukaufen, nahm man komplette Kollektionen von Privatleuten befristet unter die Fittiche. Ihre Schätze sollten in Bremen erforscht und in Ausstellungen präsentiert werden. Ein Verfahren, wertsteigernd für die Sammlungen – aber angesichts explodierender Preise für Gegenwartskunst auch ein relativ sparsames für die Weserburg.

Ahrens, der das Haus 2006 von Gründungsdirektor Thomas Deecke übernommen hatte, sollte den schwachen Zuspruch steigern und das Profil erneuern. Er werde „die Besucherzahlen verdoppeln“, kündigte er an. In den ersten Jahren schien das auch zu klappen: Eine Ausstellung mit lebensgroßen Aktfotos von Helmut Newton lockte ein Massenpublikum in die alte Kaffeefabrik im Fluss. Und durch einen Zufall starb der sehr populäre Jörg Immendorff nur eine knappe Woche, bevor in der Weserburg die Ausstellung „lass leuchten“ eine erste Retrospektive präsentierte: Das Interesse war groß.

Allerdings fand Ahrens oft nicht den richtigen Ton, um mit den Sammlern umzugehen: Mehrere zogen ihre Werke zurück, andere planen den Fortgang – neue zu akquirieren, das lag dem Direktor auch nicht. In einem Papier stellte er in Aussicht, die Kunstvermittlung zum Hauptanliegen des Hauses zu machen. Seine Eignung ist schwer abzuschätzen: Unter Ahrens’ Leitung schrumpfte die Museumspädagogik der Weserburg auf eine Stelle.

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