Maritime Wirtschaft: Der Bachelor offshore

Die Maschinen- und Anlagenbauer blicken nach Krisenjahren in eine stabile Zukunft. Brasilien als Hoffnungsträger, Hochschulabsolventen als Ärgernis.

Wachstumsgarant: Errichterschiff für Offshore-Windparks. Bild: dpa

HAMBURG taz | Die Gilde der Ingenieure hadert mit den Universitäten. Speziell Hochschulabsolventen mit einem Bachelor-Abschluss erfreuen sich keiner großen Beliebtheit beim Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA). „Die sind noch sehr jung – 22, 23 – und haben zum Teil noch nie mit Menschen außerhalb ihrer eigenen Altersgruppe zusammengearbeitet“, sagte Alexander Nürnberg, Vorsitzender der Schiffbau- und Offshore-Zulieferindustrie im VDMA am Dienstag in Hamburg.

Sowohl im Sozialverhalten als auch im fachlichen Bereich müssten die Betriebe deshalb zusätzliche Qualifikationen vermitteln, so Nürnberg. Das sei aber nicht als scharfe Kritik an den Universitäten zu verstehen: „Wir wollten die Nachwuchskräfte früh in die Betriebe bekommen und müssen nun eben damit umgehen.“

Nach dem abrupten Ende der Boomphase im Schiffbau hat sich die Branche in Deutschland seit 2011 wieder stabiliert, so Nürnberg bei der Vorstellung der Vorjahresbilanz. Mit einem Umsatz von 11,6 Milliarden Euro ist in etwa das Niveau des Vorkrisen-Jahres 2007 wieder erreicht.

Der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) vertritt mehr als 3.100 vorwiegend mittelständische Firmen der Investitionsgüterindustrie.

Die Schiffbau- und Offshore-Zuliefererindustrie ist eine Sparte des VDMA. Sie vertritt rund 400 Firmen mit etwa 68.000 Beschäftigten und einem Jahresumsatz 2012 von 11,6 Milliarden Euro.

Die Energieanlagenbauer bilden den eigenen Fachverband Power Systems im VDMA. Die Hersteller von Windenergie-, Wasserkraft-, Gas- und Dampfturbinenanlagen sind die Auftraggeber der Zulieferer.

„Die Branche ist stabil“, doch gebe es große Schwankungen. 40 Prozent der Unternehmen verzeichneten 2012 Wachstum, ein Drittel aber Rückgänge. Während im Schiffbau die Zahlen weiter rückläufig seien, gebe es im Offshore-Markt Zuwächse. Dazu zählen neben Windparks auch die Förderung von Öl und Gas auf dem Meer.

„Wir haben neue Kundengruppen und Marktsegmente erschlossen“, sagte Nürnberg. Dazu zählten Nachrüstung und Verbesserung von Schiffen sowie Wartung und Service. Vor allem aber komme den deutschen Unternehmen der hohe Umwelt- und Sicherheitsstandard ihrer Produkte zugute, aber auch hohe Verfügbarkeit und schnelle Reaktionszeiten. Die Investitionen in Forschung, Service und Vertrieb hätten sich ausgezahlt, so das Resümee.

Den meisten Umsatz erwirtschaftet die Branche im Norden, obwohl sie keineswegs eine Küstenindustrie ist. Bayern und Baden-Württemberg sind mit je knapp einem Fünftel die Spitzenreiter, die fünf norddeutschen Küstenländer erwirtschaften aber gemeinsam mit 48 Prozent Marktanteil fast die Hälfte des Umsatzes.

Zugleich festigt die Sparte den Ruf Deutschlands als Exportnation. Mit 74 Prozent wurden fast drei Viertel des Branchenumsatzes im Ausland erzielt. Dabei erweisen sich die EU-Länder und Ostasien mit 37 und 38,5 Prozent Anteil am Auslandsgeschäft als dominierende Regionen. Wachsende Hoffnungen richten sich indes auf Schwellenländer wie insbesondere Brasilien.

Der Wachstum im Handel mit dem südamerikanischen Riesenstaat basiert vor allem auf dessen intensivierter Förderung von Öl und Gas im Atlantik. Brasilien ist inzwischen zur sechstgrößten Volkswirtschaft der Erde avanciert und liegt auf Platz zehn der Handelspartner des Hamburger Hafens. „Brasilien kann eines der zentralen Länder für Wachstum im Hafenumschlag in den kommenden Jahren sein“, heißt es in einer Analyse der Hafenwirtschaft, die im Februar vorgestellt worden war.

Nicht zuletzt das ist ein Grund für vorsichtigen Optimismus in der Branche. Die drei Offshore-Märkte Wind, Öl und Gas würden auch für andere Schwellenländer als Brasilien immer wichtiger werden. Und deshalb sei die Perspektive für das kommende Jahr „stabil“, so Nürnberg: „Wir werden den Umsatz halten oder leicht erhöhen können und keine Arbeitsplätze abbauen müssen.“

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