HARALD KELLER DER WOCHENENDKRIMI
: Ehrlich schockiert

Der Schweiger-„Tatort“ liegt hinter uns, bitte alle wieder beruhigen. Jetzt sollten eigentlich noch die Worte „zurück zur Routine“ folgen, aber auch der aktuelle MDR-„Tatort“ fällt ein wenig aus dem Rahmen.

Da rennt also zwei Kiffern ein junger Mann durch ihr vom THC bereits schwer eingetrübtes Blickfeld. Einer von beiden hält seine Kippe so, dass es aussieht, als könne er den Läufer in Brand stecken. Er erschrickt sich dann auch zu Tode, als der tatsächlich in Flammen aufgeht. Jetzt wittert man natürlich Pfusch. Denn es sind ja im Krimigenre zumeist die Nichtskönner, die ihr Publikum mit grellen Szenen zu fesseln versuchen: Der Zuschauer bekommt ein paar Schockbilder vor den Latz geknallt – und merkt vor lauter Entsetzen dann gar nicht, dass ihm lauter Dummheiten serviert werden.

Dem „Tatort“-Autor Holger Jancke darf man nun allerdings zu Gute halten, dass er die spontane Entzündung plausibel erklärt. Respekt. Da haben Kommissarin Eva Saalfeld (Simone Thomalla), Kollege Keppler (Martin Wuttke) und insbesondere der im Pressematerial schmählich unterschlagene Kriminaltechniker Wolfgang Menzel (Maxim Mehmet) erst einmal ganz ordentlich dran zu knabbern. Zum Nachdenken kommen sie dann aber kaum, weil nahebei auch noch eine Lagerhalle in Flammen steht. Wie bringt man das nun zusammen?

Indem man ein etwas wüstes Garn spinnt aus Drogenschmuggel, Terrorismusbekämpfung und Afghanistanpolitik. Das mag nun ein wenig überzogen klingen, findet aber seine Erklärung darin, dass Leipzig als Drehkreuz für den Flugverkehr nach Afghanistan dient. Nur hapert es, wie immer beim MDR, bei den Details. Der arme Menzel bekommt stets mehr Arbeit aufgebürdet, als ein Mensch allein eigentlich bewältigen kann. Und wenn die Kommissare in der Uni und im Studentenwohnheim immer auf dieselbe Statistin treffen, ziehen wir wie Frau Saalfeld irgendwann eine Schnute.

Leipzig-„Tatort“: „Schwarzer Afghane“; So., 20.15 Uhr, ARD