Kohle für die Energiewende: Wolken über Harburg

Der Kohlemeiler Moorburg ist seit diesem Wochenende im Probebetrieb. Anfang 2014 soll die Stromproduktion starten. Wilhelmsburger befürchten schlechte Luft.

Großes Projekt, kleiner Mensch: angeseilter Arbeiter auf dem Dach des Kohlekreislagers in Moorburg. Bild: dpa

HAMBURG taz |Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) kann sich freuen. Endlich rauchen in Hamburg wieder die Schornsteine. Denn am Wochenende nahm der umstrittene Steinkohlemeiler Moorburg des Energiekonzerns Vattenfall seinen geregelten Probebetrieb auf. In den kommenden Monaten werden dichte Wolken über dem Hybrid-Kühlturm auf den Kraftwerksgelände an der Süderelbe stehen.

„Das ist nur Wasserdampf“, beruhigt Vattenfall-Sprecher Stefan Kleimeier. Denn vor einem Monat hatte bei der ersten Anfeuerung eines Kraftwerksblocks für einen Tag eine dunkle Abgaswolke Moorburger AnwohnerInnen beunruhigt. „Vollkommen harmlos“, hieß es damals von Vattenfall.

Der Probebetrieb des ersten Kraftwerksblocks werde über mehrere Monate laufen, sagt Kleimeier, „aber nicht kontinuierlich, sondern tage- und wochenweise“. Im November soll dann auch der zweite Block getestet werden. Die offizielle Inbetriebnahmen des ersten Blocks sei für Anfang 2014 vorgesehen, das gesamte Kraftwerk dürfte Mitte nächsten Jahres ans Netz gehen.

Darauf freut sich Scholz bereits. Anfang nächsten Jahres werde „ein hochleistungsfähiges, hocheffizientes und hochlukratives Kraftwerk“ den Betrieb aufnehmen, schwärmte der Bürgermeister jüngst gemeinsam mit Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) vor der Handelskammer. Der Kohlemeiler sei „notwendig für die sichere Stromversorgung Hamburgs“, sagte Scholz.

Das Steinkohlekraftwerk in Moorburg an der Süderelbe wird seit Ende 2007 vom Energiekonzern Vattenfall errichtet.

Kosten: mindestens 2,6 Milliarden Euro

Inbetriebnahme: vermutlich Mitte 2014

Verbrauch: etwa 12.000 Tonnen Steinkohle täglich

Leistung: 1.680 Megawatt

Wirkungsgrad: etwa 55 Prozent

CO2-Ausstoß: rund 8,5 Millionen Tonnen jährlich

Allerdings ist das Kraftwerk höchst umstritten. Kritiker lehnen die Anlage ab, weil sie eine große Menge des Klimagases Kohlendioxid ausstoßen wird. Ein Kraftwerk dieser Größe, kritisieren Umweltverbände, blockiere die Energiewende und beeinträchtige wegen seines Kühlwasserbedarfs die Elbe. Dessen Entnahme aus dem Fluss hat das Oberverwaltungsgericht zum Schutz der Elbe vorerst gestoppt. Das höchstinstanzliche Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig steht noch aus.

Offenbar existiere für den Bürgermeister der Begriff „hochklimaschädlich“ nicht, kritisiert der Energieexperte der Umweltorganisation Robin Wood, Dirk Seifert. Zudem habe das Kraftwerk „mit der Stromversorgung in Hamburg nicht die Bohne zu tun“. Moorburg produziere „voraussichtlich ausschließlich für den Export in die Niederlande“, sagt Seifert.

Auch der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) sprach sich am Wochenende gegen die Inbetriebnahme des Meilers aus. Nach Auffassung des BBU ist der Meiler „angesichts des Ausbaus der erneuerbaren Energien für die Stromversorgung Hamburgs überflüssig“.

So sehen das auch Wilhelmsburger BürgerInnen, die am Samstag ab 11.55 Uhr eine Protestaktion unter dem Motto „Wilhelmsburg in Atemnot“ vor dem neuen Amtssitz der Umweltbehörde zwischen dem S-Bahnhof Wilhelmsburg und dem IGS-Gelände abhielten. Sie befürchten vor allem eine weitere Verschlechterung der Luftqualität im Stadtteil durch das unmittelbar westlich von Wilhelmsburg gelegene Kohlekraftwerk: Einige kamen deshalb mit Gasmasken.

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