Debatte über Netzrückkauf: Wahrheit und Erpressung

Kaufe die Stadt die Versorgungsnetze, rücke die Konzession für ihren Betrieb in weite Ferne, sagt der Bürgermeister. Die Grünen-Fraktion wittert Panikmache.

Behält der Energiekonzern die Finger im Netz-Spiel? Vattenfall-Techniker zwischen Fernwärmeleitungen. Bild: dpa

Egal, wie der Volksentscheid über einen Rückkauf ausgeht – Hamburgs Strom-, Gas- und Fernwärmenetze bleiben faktisch beim Energieriesen Vattenfall. Dieser Eindruck zumindest drängte sich auf während der aufgeheizten Bürgerschaftsdebatte zum Thema am gestrigen Mittwoch. Da warf die Grünen-Abgeordnete Anja Hajduk dem Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) vor, er bereite schon darauf vor, dass „der Volksentscheid – sollte er aus Sicht der Stadt verloren gehen – vom Senat gar nicht umgesetzt wird“.

Eines habe der Bürgermeister klargemacht, so Hajuk: Bei der Konzessionsausschreibung im kommenden Jahr, welche die faktische Verfügung über die Energienetze für die nächsten 20 Jahre regelt, werde die Stadt sich nur „mit einer leeren Hülle bewerben“, ohne jede Chance, den Zuschlag auch zu erhalten.

Das Szenario, das Scholz in seiner Rede entworfen hatte: Sollte sich eine Mehrheit der Abstimmenden am 22. September dafür aussprechen, dass die Netze vollständig in die öffentliche Hand zurückkehren, müsste die Stadt bei der Konzessionsvergabe gegen Vattenfall antreten. Der Betrieb der Netze muss 2014 neu ausgeschrieben werden. Ein personalstarker, erfahrener Betreiber konkurriere dann mit einer eben gegründeten „GmbH noch ganz ohne Mitarbeiter“, so Scholz, deren einziges Pfund die bloße Behauptung sei: „Wir sind besser.“

Die bittere Wahrheit – oder ein schlichtes politisches Erpressungsmanöver des Sozialdemokraten? Unterstützung erhielt Scholz ausgerechnet von Walter Scheuerl aus der CDU-Fraktion: Der sagte, bis zum 15. Januar 2014, der Bewerbungsfrist für die Netzkonzession, könne die Stadt nicht einmal ihre laufenden Verträge mit Vattenfall rückabwickeln. Diese sehen eine Beteiligung der Stadt an den Netzen in Höhe von 25,1 Prozent vor. Scheuerl zufolge würde jeder Versuch, sich dann mit „einer kleinen Mantelgesellschaft“ um die Konzessionen zu bewerben, „zu einem Missbrauchsverfahren vor dem Bundeskartellamt“ führen.

Eine Prognose, der Jens Kerstan (Grüne) widersprach. Er verwies im Parlament auf bundesweit 170 Rekommunalisierungen lokaler Netze, bei denen anschließend der Betrieb übernommen wurde. Er sehe keinen Grund, so Kerstan, dass das in Hamburg nicht gelingen sollte.

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