Ausnahmesportler Oskar Pistorius: Vom Liebling zum Mordangeklagten

„Vorsätzlicher Mord“: Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft brachte den weltberühmten Prothesenläufer Oscar Pistorius zum Weinen. Der Prozess soll im März 2014 starten.

Der einstige Held Oscar Pistorius ist einsam geworden. Bild: dpa

JOHANNESBURG taz | Oscar Pistorius ist gestern wegen vorsätzlichen Mordes an seiner ehemaligen Freundin Reeva Steenkamp angeklagt worden. Der weltberühmte südafrikanische Sportathlet, der auf künstlichen Füßen läuft, hatte im Februar das blonde Model in seinem Haus mit vier Schüssen getötet. Der Gerichtsprozess soll im März 2014 beginnen.

Es ist die schwerstmögliche Anklage, die gegen Pistorius hätte erhoben werden können. Der 26-jährige einstige Liebling der Nation weinte und hatte Mühe, seine Fassung zu bewahren. Seine damalige Freundin wäre am gestrigen Tag der Mordanklage 30 Jahre alt geworden.

Der Valentinstag im Februar war für Reeva Steenkamp zum Verhängnis geworden. Sie wurde in Pistorius’ Haus in der Nacht erschossen, in der Toilette durch die verschlossene Tür, mit vier Schüssen, die Pistorius selbst abfeuerte. Pistorius behauptet bis heute, seine Freundin für einen Einbrecher gehalten und aus Versehen erschossen zu haben.

Doch die Staatsanwaltschaft hat nach eigenen Angaben genug Beweise zusammengetragen, um Pistorius mit dem Vorsatz der Tat zu belasten: Er soll die Schüsse absichtlich abgefeuert haben.

Aggressive Charakterzüge

Der von einem der berühmtesten Südafrikaner verschuldete Tod von Reeva Steenkamp hatte Südafrika im Februar tief geschockt. Der einst gefeierte Sprinter und Weltrekordhalter als Prothesenläufer galt als Vorbild für Südafrikas Jugend, mit eisernem Willen gegen hohe Widerstände zum Erfolg zu gelangen. Pistorius war der Sportheld des neuen Südafrika, ein Aushängeschild für das ganze Land, von Schwarz und Weiß umjubelt.

Aber als in den Tagen nach seiner Festnahme wie in einem Krimi stündlich neue Spekulationen über Pistorius’ Tat und neue Enthüllungen über die angeblich aggressiven Charakterzüge seiner Person ans Licht kamen, ging die Verehrung zügig zu Ende: Die Nation war von Pistorius enttäuscht, die Sponsoren zogen sich schnell zurück. Der einstige Held wurde einsam und von vielen Fans fallengelassen.

Jetzt sollen auch eine Exfreundin und einige Freunde des Läufers im März als Zeugen verhört werden. Sie haben verlauten lassen, dass „Oscar“ – wie er in Südafrika genannt wird – gern mit Waffen spielt und hitzköpfig sein kann. Experten versuchen noch, die Daten und Gespräche auf den Mobiltelefonen des Sportlers zu sichten, die möglicherweise wichtige Hinweise enthalten könnten. Pistorius kann sich angeblich nicht mehr an seine Sicherheits-PIN erinnern.

Emotionen sind abgeflaut

Der Fall hatte gestern nicht mehr so viel Aufmerksamkeit wie zur Zeit des Geschehens. Die Emotionen sind über die Zeit abgeflaut. Im Februar war Pistorius’ Schicksal noch Gesprächsstoff auf jeder Dinnerparty, heute haben sich viele Südafrikaner ihre Meinung gebildet und warten mit Spannung auf den Gerichtsprozess. Dort sollen dann die Hintergründe seiner Persönlichkeit und der Tat aufgerollt werden.

Dann wird sicher das Interesse auch in der Weltöffentlichkeit wieder zunehmen. Aber wenige in Südafrika scheinen Zweifel an seiner Schuld zu haben. Es glauben höchstens manche, er werde davonkommen, sollte das Motiv nicht klar nachgewiesen werden können. „Lebenslang“ könnte im Normalfall das Urteil für Pistorius lauten. Es wird sich zeigen, wie normal dieser Fall ist.

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