Bauen im Überschwemmungsgebiet: Grün-roter Streit über Brokhuchting

2001 hat Bremen den Bau von 400 Wohnungen in Brokhuchting beschlossen. Bremens grüner Bausenator fühlt sich jetzt aber nicht mehr an diese Zusage gebunden.

Noch gibt es die grüne Idylle in Brokhuchting - hier sollten einmal "Bremer in Bremen" bauen. Bild: kawe

Für den grünen Bausenator Joachim Lohse ist die Sache klar: „Wir wollen keine Bebauung der Ochtum-Aue“, so steht es im Koalitionsvertrag von 2011, und die Grünen wollten die Bebauung der Feuchtwiesen von Brokhuchting noch nie. Der Huchting-Beirat und die Baudeputation haben Anfang diesen Jahres der Rücknahme des „vorhabenbezogenen Bebauungsplanes“ von 2001 zugestimmt. Zwar hat der Bauunternehmer Marco Bremermann eine Zusage für das Bauvorhaben von 400 Wohnungen, aber da sei doch seit 2001 nichts passiert, diesen Eindruck haben nicht nur die Anwohner.

In den ersten Jahren gab es eine gerichtliche Auseinandersetzung mit dem BUND Naturschutz, im Jahre 2006 dann eine Einigung vor Gericht – seitdem tickt die Uhr, sagt Bau- und Umweltsenator Lohse. 24 Monate hatte ein Bauherr Zeit, er musste beginnen mit dem Bauvorhaben, habe das aber nicht getan. Der Bauunternehmer habe auch der Behörde keinen Beginn der Arbeiten „angezeigt“. Die Wasserrechts-Experten, die später nachgeschaut haben, hätten keine Spuren von Bautätigkeit gefunden. Damit sei die Genehmigung im Herbst 2008 abgelaufen.

2007 hatte die Koalition gewechselt, die Grünen übernahmen das Bauressort – und schrieben in den neuen Koalitionsvertrag ihre Überzeugung hinein: „Wir wollen keine Bebauung der Ochtum-Aue.“ Wenn die Baufirma jetzt eine neue wasserrechtliche Genehmigung beantragen würde, so Lohse, müsste seine Behörde diese versagen – nach den Frühjahrs-Überschwemmungen sei der Schutz der Hochwassser-Schutzgebiete noch wichtiger als man das 2001 offenbar gesehen habe.

Das hat der Koalitionspartner SPD damals den Hinweis auf die „Ochtum-Aue“ offenbar nicht so verstanden, dass damit das Bauvorhaben Brokhuchting gemeint war. Bürgermeister Jens Böhrnsen jedenfalls hat vor einigen Wochen den Bausenator aufgefordert, mit einer rechtlichen Bewertung konkret nachzuweisen, dass die Fristen versäumt sind. Im Beirat Huchting jedenfalls votierten die Sozialdemokraten jüngst dagegen, die Bebauungspläne zu den Akten zu legen.

Bremermann hatte sich inzwischen beschwert über die Behauptung, er wolle gar nicht bauen. Erstens sei mit wasserrechtlichen Arbeiten damals, also rechtzeitig im Herbst 2008, begonnen worden, versichert Bremermann der taz, das sei auch nachweisbar. Zweitens: Im Überschwemmungsgebiet würde er nie bauen, sein Baugebiet liege aber 4,20 Meter über N.N. Bevor das mit Wasser volllaufe, seien weite Teile Bremens überschwemmt. In die Ochtum-Niederung wenige Hundert Meter neben seinem Baugebiet müsse man im Sommer Wasser hineinpumpen, um dort die erforderliche Bodenfeuchtigkeit zu bekommen.

Drittens: Besonders verwundert sei er darüber, dass die Baubehörde im Jahre 2013 im Beirat behauptet habe, er, Bremermann, wolle gar nicht bauen. Da seine Baufirma auch für Straßen und Kita zuständig sei nach dem städtebaulichen Vertrag, habe er einen „Erschließungsvertrag“ aushandeln müssen mit dem bremischen Amt für Straßen und Verkehr (ASV). Der Staatsrat des Bauressorts, Wolfgang Golasowski, habe sein ASV im Jahre 2012 schriftlich angewiesen, diesen Vertrag nicht zu unterschreiben.

Man warte auf die rechtliche Darstellung der Situation des Bausenators, sagt Jürgen Pohlmann, der baupolitische Sprecher der SPD. Dann werde man die Lage „politisch bewerten“ müssen. Die Grünen sind – wie schon 2001 – der Ansicht, dass die Brokhuchtinger Naturflächen, die abseits ohne jeglichen ÖPNV-Anschluss liegen, grün bleiben sollten. Pohlmann erwartet vom Bausenator, dass er aufzeigt, wie – ohne Brokhuchting – die Flächen für die vereinbarte Menge an Wohnungen zusammenkommen sollen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.