Baumarktkette Max Bahr ist am Ende: Tausende Jobs in Gefahr
Wie bei den Praktiker-Märkten beginnt jetzt auch bei der Max-Bahr-Kette der Ausverkauf. Die Baumärkte sollen einzeln verkauft werden.
HAMBURG rtr | Das Aus für die Baumarktkette Max Bahr mit 3.600 Beschäftigten ist besiegelt. Der Plan, Max Bahr an ein Konsortium um den Dortmunder Konkurrenten Hellweg und den ehemaligen Max-Bahr-Chef Dirk Möhrle zu verkaufen, sei auf der Zielgeraden gescheitert, räumte Insolvenzverwalter Jens-Sören Schröder am Freitag ein. Damit bleibt vom Praktiker-Konzern mit mehr als 15.000 Beschäftigten in Deutschland praktisch nichts mehr übrig. Wie in 230 Praktiker-Märkten beginnt auch in 73 Häusern von Max Bahr nun der Ausverkauf.
Hellweg habe sich nicht mit der Royal Bank of Scottland (RBS) über die Mietverträge für 66 Häuser einigen können, auf denen die Hand der britischen Bank liegt, begründete der Insolvenzverwalter das Scheitern.
Die Gläubiger des einstigen Aushängeschilds des Praktiker-Konzerns hatten Hellweg bis Freitag Zeit gegeben, sich mit der RBS zu einigen. Praktiker hatte im Juli bereits Insolvenz angemeldet und Max Bahr mit in die Pleite gerissen.
Schröder will die 73 Baumärkte nun einzeln losschlagen. Für zahlreiche Standorte lägen schon konkrete Interessenbekundungen namhafter Baumarktbetreiber vor. Die Mitarbeiter von Max Bahr müssen aber bangen, dass sie dort wieder einen Arbeitsplatz bekommen.
"Jetzt ist Rohrbruch. Die letzte Hoffnung ist geplatzt", sagte Max-Bahr-Gesamtbetriebsratschef Ulrich Kruse zu Reuters. "Alle haben darauf gesetzt, dass RBS uns noch eine Chance gibt." Die Gewerkschaft Verdi ging mit der Bank hart ins Gericht. Bei RBS reagiere "ausschließlich wirtschaftlicher Egoismus, der Existenzen vernichtet", sagte Verdi-Vorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger. Das Scheitern sei "ein unverantwortlicher Tiefschlag für die Beschäftigten".
Die Konkurrenz freut sich
Dagegen reiben sich die Rivalen auf dem hart umkämpften Markt für Bohrer, Schrauben, Pflanzen und Gartengeräte bereits die Hände: Für mehr als die Hälfte der Läden stehen Insidern zufolge schon Konkurrenten wie Obi, Rewe/Toom oder Hagebau als Mieter bereit. Teilweise darf in die Gebäude nur ein Baumarkt einziehen.
„Nun schlägt wieder die Stunde von Globus“, sagte ein Insider. Der saarländische Handelskonzern war beim Insolvenzverwalter und der RBS abgeblitzt, da sein Angebot zu niedrig war. Zuletzt hat Globus aber sein Interesse bekräftigt – an rund 60 Max-Bahr – und weiteren Praktiker-Standorten sowie der Firmenzentrale. Einen Käufer haben die Insolvenzverwalter bisher nur für drei Märkte in Luxemburg mit 200 Mitarbeitern gefunden.
Aus dem Umfeld der Gespräche hieß es, die Verhandlungen für Max Bahr seien nicht an der Höhe der Mieten gescheitert. Die RBS habe aber eine Bürgschaft von Hellweg gefordert, die das Familienunternehmen nicht stellen konnte oder wollte.
Banken fürchteten das Risiko
„Keiner hat sich aus der Komfortzone bewegt“, sagte ein Insider. Die Banker hätten das Konzept von Hellweg skeptisch gesehen und im Falle eines späteren Scheiterns Verluste befürchtet. Werden die Häuser nun stattdessen einzeln vermietet, ist das Risiko für die Bank geringer.
Die RBS war erst im vergangenen Jahr zum De-facto-Vermieter der Immobilien geworden. Denn die Familie Möhrle hatte beim Verkauf von Max Bahr an Praktiker 2007 nur den Geschäftsbetrieb an den Konkurrenten abgegeben, die Immobilien waren damals aber für fast 800 Millionen Euro an den Finanzinvestor Moor Park gegangen. Dieser hatte sich dafür Kredite bei der Bank ABN Amro besorgt, die später in der RBS aufging.
Seither hatten die Immobilien stark an Wert verloren, der Fonds von Moor Park ging 2012 Pleite. Globus habe die Immobilien zuletzt gerade noch mit 420 Millionen Euro bewertet, hieß es in den Kreisen.
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