Tempelhofer Feld: Feldfreunde im Landeanflug

In einer Woche endet die Sammlung von Unterschriften gegen eine Bebauung. Wahrscheinlich knacken die Unterstützer das Quorum von 173.000.

Das Tempelhofer Feld nach den Plänen des Senats: Die bisher geplante Bebaauung ist oben, rechts und unten zu sehen Bild: Ole Spata/dpa

Der fünfte Volksentscheid in der Geschichte Berlins wird immer wahrscheinlicher: Eine Woche vor Ende der Frist hat die Initiative gegen eine Bebauung des Tempelhofer Feldes 127.300 Unterschriften gesammelt – ein Ergebnis, das mit anderen erfolgreichen Initiativen vergleichbar ist. „Wir sind hoffnungsfroh“, sagte Michael Schneidewind, Sprecher der Initiative, am Sonntag.

Damit es zur Abstimmung kommt, müssen rund 173.000 wahlberechtigte Berliner unterschreiben. Das Volksbegehren des Energietischs im vergangenen Jahr hatte eine Woche vor Ablauf der Frist 161.000 Unterschriften, in der letzten Woche kamen 110.000 weitere dazu. Das Wasser-Volksbegehren hatte eine Woche vor dem Termin 155.000 Unterschriften und erhielt in den letzten sieben Tagen weitere 165.000. „Die Leute sammeln Unterschriften, haben sie dann zu Hause liegen“, erklärt Schneidewind, „und wie das so ist: Alles wird im letzten Moment weggeschickt.“

Die Bezirksämter haben danach zwei Wochen Zeit, jeden Unterzeichneten zu prüfen: Ist er wahlberechtigt, also über 18 Jahre alt, deutscher Staatsbürger und seit mehr als drei Monaten in Berlin gemeldet? Hat er mehrmals unterschrieben – was dazu führt, dass die Stimme nur einmal gezählt wird? Anschließend wird das Ergebnis von der Landeswahlleiterin bekannt gegeben. Wenn das Quorum von 173.000 gültigen Unterstützern erreicht ist, muss die Abstimmung innerhalb von 19 Wochen stattfinden.

Bei der Energie-Abstimmung im vergangenen Jahr wünschte sich die Initiative einen Termin nach 13 Wochen und damit parallel zur Bundestagswahl. Der Senat lehnte das ab und wählte den spätestmöglichen Termin – angeblich weil er so viel Zeit zur Vorbereitung der Abstimmung benötigte. Der Volksentscheid scheiterte dann knapp daran, dass an dem Extratermin nicht genug Menschen zu den Wahlurnen gingen: Um das Quorum zu schaffen, hätten 25 Prozent der Wahlberechtigten mit Ja stimmen müssen, tatsächlich waren es nur 24,1 Prozent.

Die Initiative gegen eine Bebauung des Tempelhofer Feldes wünscht sich diesmal eine Abstimmung nach 17 Wochen, am 25. Mai. Denn dann findet auch die Europawahl statt, und so ist es wahrscheinlicher, dass das Quorum geknackt wird. Der Senat kann den Termin rechtlich gesehen aber auch noch ein oder zwei Wochen später legen. „Das wird er vermutlich auch machen, so wie er drauf ist“, glaubt Schneidewind. „Ein großes Interesse an Bürgerbeteiligung ist bei denen ja nicht auszumachen. Die fühlen sich eher auf den Schlips getreten, wenn man an ihnen vorbei Gesetzesinitiativen auf den Weg bringt.“

Sollte die Initiative Erfolg haben, heißt das übrigens nicht, dass das Feld für immer und ewig frei bleibt. Die Verfassung stellt Gesetze, die das Volk beschlossen hat, unter keinen besonderen Schutz. Rein rechtlich gesehen kann das Abgeordnetenhaus sie also jederzeit ändern, auch wenn das wegen der absehbaren Kritik in der Öffentlichkeit politisch wohl nicht ratsam ist. Ein bekannter Fall ist die Hamburger Wahlrechtsänderung: Im Jahr 2004 hatten die Bürger per Abstimmung das Wahlrecht geändert, um wesentlich mehr Einfluss auf die Zusammensetzung des Landesparlaments zu nehmen. Das neue Wahlrecht wurde aber nie angewandt, denn die CDU machte noch vor der nächsten Wahl mit ihrer absoluten Mehrheit im Parlament wesentliche Teile der Reform rückgängig.

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