Kolumne Halleluja: Kutte, Leder, Bronze

Das Stolzieren der Priester durch den Weihrauchdunst des Hochamtes ist Beleg dafür, dass Eitelkeit ein bedeutender religiöser Charakterzug ist. Meint unser Kolumnist.

Kleidung als Ausdruck spiritueller Hervorgehobenheit. Bild: ap

Wer sich auf Reisen in die Nähe christlicher Hotspots begibt – Rom, Jerusalem oder andere große Wallfahrtsorte –, der kommt im Check-in-Bereich schon mal neben Paradiesvögeln des Glaubens zu sitzen: Ordensleute und Mitglieder sogenannter geistlicher Gemeinschaften, die ihre spirituelle Hervorgehobenheit durch ihre Kleidung verdeutlichen. Das fängt harmlos bei den braunen Kutten der Franziskaner an und führt über allerlei Brüder, Väter, Missionare und Legionäre bis zu den immer häufiger auftauchenden „Herolden des Evangeliums“. Die sind zwar fromme Menschen, könnten aber gut in einem dystopischen Film auftreten, in dem eine faschistoide Priesterkaste die Weltherrschaft an sich gerissen hat: Ihr Haar ist kurz geschoren, und unter ihren gegürteten Gewändern, auf denen ein stilisiertes Schwert prangt, tragen sie kniehohe schwarze Lederstiefel.

Wer solchen Handlungsreisenden des Heiligen Blutes und der Unbefleckten Empfängnis begegnet, merkt auf einmal, dass Eitelkeit ein bedeutender religiöser Charakterzug ist. Auch das Stolzieren der Priester durch den Weihrauchdunst des Hochamts ist dem Schreiten des Pfaus nicht unähnlich – obwohl sich natürlich bei Gottesmännern sexuelle Assoziationen verbieten.

Umso erstaunlicher, dass jetzt ein Mann die römische Kirche leitet, bei dem man sich nicht wundern würde, hielte er die nächste Audienz in einer Strickjacke ab. Trotzdem regiert natürlich auch er mit seinem Hofstaat in einem Palast, der seinesgleichen sucht. Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten.

Sehr interessant ist der Fall derer, die den Glamour stets abgelehnt haben: Tatsächlich ist die Eitelkeit der Protestanten keine der Gewänder und Choreografien, sondern eine des gedrechselten Wortes und der Nähe zur weltlichen Macht. Als Paradebeispiel dafür kann immer noch Ex-Landesbischof Wolfgang Huber gelten. Er hat jetzt noch ein bisschen mehr vorzuweisen: Eine Künstlerin hat ihn in Bronze gegossen, am vergangenen Montag wurde das Abbild feierlich enthüllt. Fein lächelnd und matt schimmernd steht es nun neben Hubers Vorgängern im Evangelischen Zentrum.

So viel Ehre wird in Deutschland wenigen zuteil, höchstens Helmut Kohl, den Springer an die Dutschke-Straße gestellt hat. Huber ist jetzt reif für die Ewigkeit. Solange kein Buntmetalldieb vorbeikommt jedenfalls.

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