: Refugee Revolution
Der Protest der Flüchtlinge kommt wieder in Schwung – für das Recht auf ein „normales“ Leben und offene Grenzen
■ Demonstration Wann: Samstag, 23. März Start: 14 Uhr, Oranienplatz
Ihr Enthusiasmus ist ungebrochen. Seit einem Jahr protestieren Flüchtlinge bundesweit gegen die Asylpolitik. Sie fordern ihr Recht auf ein „normales“ Leben ein und beklagen die unwürdigen Bedingungen während des Asylverfahrens. Jede Woche gehen die Flüchtlinge auf die Straße, mehrere Protestcamps entstanden, wie auch auf dem Oranienplatz in Kreuzberg. Für den 23. März mobilisieren die Flüchtlinge nun zu einer bundesweiten Demonstration nach Berlin. Damit wollen sie die Erfolge des ersten Protestjahres feiern und der Politik signalisieren, dass die Proteste fortgesetzt werden. „Wir werden weitermachen, bis die letzte unserer Forderungen erfüllt ist“, sagt Patras Bwansi, ein Flüchtling aus Uganda, der von Anfang an mit dabei ist.
Die AktivistInnen sind mit dem zurückliegenden Jahr sehr zufrieden. Zwar sei die Residenzpflicht in vielen Bundesländern noch immer nicht außer Kraft, doch habe sich die Situation gebessert. Wie Patras Bwansi berichtet, wurde das Heim, in dem er in Passau lebte, nun endlich renoviert und die Unterbringung neu geregelt. Statt acht müssen nur noch vier BewohnerInnen gemeinsam in einem Zimmer leben. Auch berichten die Aktivisten, dass die Repression durch die Polizei, zumindest in Berlin, nachgelassen habe. Für den Flüchtling Mahadi war die Einladung in den Innenausschuss des Bundestags ein großer Erfolg. Auch dass zwei Abschiebungen gestoppt werden konnten und dass die deutsche Bevölkerung durch die enorme Medienpräsenz über das Schicksal der Flüchtlinge Bescheid wisse, sei ein großer Gewinn. „Das alles gibt uns Hoffnung“, sagt Mahadi.
Ein wichtiger Faktor des Protests sei die enorme Solidarität gewesen. „Nur dank der vielen Hilfe sind wir immer noch hier“, meint Mahadi. Viele Initiativen und Einzelpersonen hätten sich nicht nur an den Demos beteiligt, sie halfen auch beim Camp, übernahmen Schichten, spendeten Materialien und Geld oder stellten ihre Dusche zur Verfügung. Patras Bwansi ist beeindruckt von der starken Unterstützung. „Dass wir bisher so viel erreicht haben, verdanken wir den vielen Helfern“, sagt er. Bwansi und Mahadi wissen, wovon sie sprechen: Sie sind ständig unterwegs, nehmen an vielen Aktionen teil, sprechen mit den Medien, koordinieren den Protest. Ohne die starke Unterstützung wäre das so nicht möglich gewesen. Zugleich freuen sich die beiden, dass sich immer mehr Flüchtlinge an den Protesten beteiligen. „Wir wollen zu einer großen Gemeinschaft werden“, sagt Mahadi. Zuletzt trafen auf einem Kongress in München AktivistInnen aus ganz Deutschland zusammen, um sich miteinander zu vernetzen.
Mit der Demonstration am 23. März soll sich die Bewegung neu formieren. Seit Wochen läuft die Mobilisierung. Mit zwei Gruppen besuchten die AktivistInnen knapp hundert Flüchtlingsheime in ganz Deutschland, um die Menschen vor Ort nach Berlin einzuladen und zu motivieren, selber aktiv zu werden. Perspektivisch wollen die Flüchtlinge bei den weiteren Protesten zweigleisig fahren: Einerseits soll weiterhin das Gespräch mit der Politik gesucht werden. Im Fokus stehen aber öffentlichkeitswirksame Aktionen auf der Straße. Dabei wird auch über radikalere Aktionsformen wie Straßenbesetzungen nachgedacht. „Wir sind eine Bewegung von unten“, betont Mahadi.
Für die nächsten Monate ist einiges geplant: Vom 13. bis 16. Juni soll ein Tribunal in Berlin stattfinden, auf dem gegen die deutsche Asylpolitik und die Grenzpolitik der EU protestiert werden soll. Nach der Demonstration ist eine Kampagne gegen den Status der Duldung geplant. Wer die Flüchtlinge unterstützen möchte, kann im Camp vorbeischauen und Schichten übernehmen oder die Petition gegen die Ausweisung von Patras Bwansi im Netz unterzeichnen. Ende Februar hat er einen Bescheid bekommen, dass er das Land sofort zu verlassen habe. LUKAS DUBRO