Edathy will Ermittler loswerden: „Ein ungeheurer Vorgang“

Der Anwalt Edathys fordert die Ablösung der Staatsanwaltschaft: Die Ermittlungsakte sei an Journalisten weitergegeben worden.

Kämpferisch: Sebastian Edathy, hier noch als Vorsitzender des NSU-Untersuchungsausschusses. Bild: dpa

BERLIN taz | Auf Facebook hatte Sebastian Edathy am Sonntag angekündigt, dass er zurückschlagen werde. „Es werden seit Wochen Regeln von Recht und Anstand massiv verletzt“, postete der SPD-Politiker. Edathy, dessen Aufenthaltsort unbekannt ist und der sich bisher nur in einem Spiegel-Interview ausführlicher äußerte, machte seine Drohung wahr.

Sein Anwalt Christian Noll verschickte am Montagnachmittag eine Presseerklärung an Journalisten. Angehängt war ein Schreiben an die niedersächsische Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz. Die Grüne ist die oberste Dienstherrin der Staatsanwaltschaft Hannover, welche gegen Edathy wegen des Verdachts auf Besitz von Kinderpornografie ermittelt. Der Vorwurf, den Noll erhebt, wiegt schwer: Edathy müsse davon ausgehen, dass die Ermittler die vollständige Ermittlungsakte der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung zugänglich gemacht haben.

„Hierbei handelt es sich um eine Straftat“, schreibt Noll. „Ermittlungsbeamte, die selbst Straftaten begehen, sind ersichtlich ungeeignet, ein Strafverfahren zu führen.“ Es sei ein „ungeheurer Vorgang“, dass die Ermittler versuchten, ihr „nicht zu rechtfertigendes Handeln nunmehr mittels der Begehung einer Straftat zu beschönigen“. Edathy habe deshalb ein weiteres Mal Strafanzeige erstattet. Auch forderte Noll, „sämtliche bisher mit den Ermittlungen betrauten Personen von diesen abzuziehen“.

Bereits vor zwei Wochen hatte der SPD-Politiker die Ermittler wegen Geheimnisverrats und der Verletzung von Dienstgeheimnissen angezeigt, weil Ermittlungsergebnisse an die Presse gelangten.

31 Videos und Fotosets

Als Beleg für die Weitergabe der Akte führt der Jurist in seinem Schreiben Details aus einem Artikel an, den die FAS veröffentlichte. So zitierte die Zeitung aus einem Vermerk des BKA. Edathy habe 31 Videos und Fotosets bei dem kanadischen Kinderporno-Händler Azov Films bestellt. Bei den allermeisten Filmen mit Titeln wie „Romanian Mountain Getaway“ gehe es um Softcore-Material der Kategorie 2, so die FAS – Bilder von nackten oder kaum bekleideten Kindern, etwa beim Schwimmen oder Raufen.

Diese Filmtitel seien öffentlich nicht bekannt gewesen, beschwert sich der Anwalt. Es sei offensichtlich, dass der Zeitung „die gesamte Akte zur Verfügung gestellt worden sein muss“. Die Staatsanwaltschaft Hannover wollte sich zu dem Vorwurf nicht äußern: Bei Dienstaufsichtsbeschwerden handele es sich um „dienstinterne Vorgänge“, sagte Sprecherin Kathrin Söfker.

Edathy wich mit der Erklärung keinen Zentimeter von seiner Linie ab: Er vermeidet sorgsam jede moralische Bewertung, sieht sich als Justizopfer. Die Staatsanwaltschaft sieht das Material dagegen „im Grenzbereich zur Kinderpornografie“. Das 13-köpfige SPD-Präsidium legte sich am Montag fest: Es bekräftigte in einem einstimmigen Beschluss ein Parteiordnungsverfahren gegen Edathy. Nun entscheidet die Bezirksschiedskommission in Hannover über den Fall – an dessen Ende ein Parteiausschluss stehen kann.

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