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Archiv-Artikel

Wettstreit der Pöbler

Unrühmliche Abschlussdebatte über den Landeshaushalt Niedersachsens: von 68ern und Franz Münterfering

Von Ksc

Drei Tage hatten sie bereits diskutiert, und am gestrigen Freitag gab‘s dann eine li-la-launige Abschlussdebatte über den niedersächsischen Landeshaushalt 2006, sozusagen der Etat-Showdown. „Herr McAllister, Sie haben wiederholt betont, Sie seien kein 68er“, sagte ein superlauniger SPD-Fraktionschef Wolfgang Jüttner (57) in Richtung seines 34-jährigen Counterparts von der CDU. Nicht nur in punkto Alter und Haarlänge würde er ihm zustimmen, „auch ansonsten fehlt Ihnen so einiges“, meinte Ur-68er Jüttner. Und: Mit seinem „postpubertären Imponiergehabe“ könne der CDU-Mann „höchstens Erfolge in einem Festzelt mit 1,8 Promille-Gehalt“ sammeln. McAllister konnte dem Pöbel-Wettstreit kaum widerstehen: Die SPD-Vorschläge zur Haushaltskonsolidierung nannte er „Fundamentaloppostion. Wo sind eigentlich die Realos in ihrer Fraktion?“

Schön auch, als in den hannöverschen Landtagsgemäuern plötzlich eine Berliner Großkoalitionsbrise wehte. McAllister: „Wie übel Sie, Herr Duin, Herr Gabriel und Herr Heil Ihren Bundesvorsitzenden und jetzigen Vizekanzler behandelt haben, war nicht in Ordnung!“ Auch FDP-Fraktionschef Philipp Rösler stimmte ins vorweihnachtliJüttner vor, die SPD habe in der Sozialpolitik statt neuer Ideen nur „hohle Phrasen und Nachtreten“ zu bieten.

„Ein bisschen an ein Schützenfrühstück erinnert“, fühlte sich ob der Debatte zwar der grüne Fraktionschef Stefan Wenzel. Aber es hilft doch alles nichts: Mit den Stimmen von CDU und FDP wurde der Haushalt abgesegnet. Danach will Niedersachsen im kommenden Jahr 22,17 Milliarden Euro ausgeben. Davon werden 1,8 Milliarden Euro durch neue Schulden finanziert. Der Gesamtschuldenberg des Landes wird zum Ende des laufenden Jahres auf rund 48,3 Milliarden Euro angestiegen sein. Der Haushalt 2006 ist erneut verfassungswidrig, weil die Summe der Neuverschuldung die Höhe der Ausgaben für Investitionen übertrifft.

Zwar werden die Landeskrankenhäuser verkauft und die Lebensarbeitszeit für Polizisten verlängert, aber die Zeit der Sparhammer scheint vorerst vorbei zu sein. Anders als in den Vorjahren, als es Riesenproteste wegen Kürzungen bei Eltern, Beamten und Blinden gab, setzen die Schwarz-Gelben diesmal vor allem auf den Verkauf von Eigentum, um Haushaltslöcher zu stopfen. So soll erneut versucht werden, Staatsgüter zu veräußern. Ksc

siehe auch inland SEITE 6