Doppelt abgestimmt hält besser

Auf dem Dresdener Parteitag hätte die Linkspartei mit einem Nein zur Doppelmitgliedschaft beinahe die Fusion mit der WASG versemmelt. Gründe seien nicht Probleme mit den West-Linken gewesen, sondern die schlechte Vorbereitung

BERLIN taz ■ Eigentlich sollte es auf dem Dresdener Parteitag der Linkspartei keine Überraschungen geben. Doch kaum war nach der Stasi-Diskussion um Jetzt-noch-nicht-Schatzmeister Bernhard Walther Ruhe eingekehrt, folgte gestern der nächste Knall: Die Delegierten stimmten dem Antrag auf Doppelmitgliedschaft in der WASG nicht mit der nötigen Zweidrittelmehrheit zu. Erst als die Wahl wiederholt wurde, kam der Antrag mit 316 Jastimmen und 11 Gegenstimmen durch.

„Wir können nur gemeinsam verlieren oder gemeinsam gewinnen, was ich besser finde“, hatte Tagungsleiter Roland Claus vor der zweiten Wahl gesagt. Diese konnte nur deshalb stattfinden, weil ein Delegierter behauptete, er habe sich bei der ersten Abstimmung geirrt und verlange eine zweite. Ein anderer Redner konterte, man „könne nicht so lange abstimmen, bis das gewünschte Ergebnis“ da sei. Die Mehrheit des Parteitags stimmte aber für eine erneute Abstimmung nach einer 15-minütigen Pause. In dieser redete der Fusionsbeauftragte Bodo Ramelow mit hochrotem Kopf auf Delegierte ein, überall wurde diskutiert. Danach wurde das nötige Quorum von 278 Stimmen überschritten.

Bisher schien es stets so, als hätten nur Teile der WASG Vorbehalte gegen eine Fusion. Viele Delegierte der Linkspartei sagten auch, die Basis sei weiterhin für die Vereinigung. Am Tag zuvor hatte der Parteitag ein Kooperationsabkommen mit der WASG mehrheitlich angenommen.

Einige Linkspartei-Mitglieder sprachen dementsprechend von einem „Versehen“ oder davon, dass die Bedeutung der Doppelmitgliedschaft „nicht richtig eingeschätzt“ worden sei. Sie kritisierten die Vorbereitung der Abstimmung durch Tagungsleiter Roland Claus. Dieser hätte noch einmal deutlich machen müssen, dass die Ablehnung der Doppelmitgliedschaft auch das Aus für das Fusionsabkommen bedeutet hätte.

Die Doppelmitgliedschaft ist Teil des so genannten Kooperationsabkommens III, das die Vorstände von WASG und Linkspartei beschlossen hatten. Das Abkommen sagt auch, dass beide Parteien bis Sommer 2007 fusionieren wollen. Die Doppelmitgliedschaft sollte das Aufstellen von Kandidatenlisten in Ländern erleichtern, in denen 2006 gewählt wird. Dies wären beispielsweise Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt. In fusionskritischen Landesverbänden der WASG gab es Vorbehalte, weil man eine Unterwanderung durch die Linkspartei fürchtete.

Doch auch in der Ex-PDS sind Doppelmitgliedschaften nicht gern gesehen – man befürchtet eine Unterwanderung durch linke Politchaoten. Eine kleinere Fraktion in der Partei befürwortet jedoch auch Doppelmitgliedschaften von Mitgliedern der Deutschen Kommunistischen Partei und anderer linker Kleinstgruppen. Wolfgang Gehrcke, heute im Parteivorstand und bis 1990 in der DKP, stellte einen entsprechenden Änderungsantrag, der wohl auch ein Grund für die folgenden Verwirrungen war. Vor dem zweiten Wahlgang bat er aber um Stimmen für die WASG-Doppelmitgliedschaft.

Die Parteispitze zeigte sich über das Ergebnis sichtlich erleichtert. In seiner Schlussrede sagte Parteichef Lothar Bisky, „dieser Parteitag habe manches Problem gelöst, das es ohne den Parteitag nicht gegeben hätte“.

DANIEL SCHULZ