Die Wahrheit: Amphibische Ausgleichsnutzung

Auch wenn niemals ein Flugzeug die Landebahnen des Großflughafens BER berühren sollte, finden sich sinnvolle Verwendungen für das Gelände.

An einem Sonntag im August gibt die Bigband der Deutschen Oper Berlin im Rahmen der „Brandenburgischen Sommerkonzerte“ am Flughafen BER ein Konzert. Zuvor besteht die Gelegenheit, das berüchtigtste Geldgrab der Republik zu besichtigen, inklusive Bustour.

In der Abflughalle erfreut sich der Besucher – es sei denn, er ist vom Bund der Steuerzahler – an Ausstattung und Materialien. Displays simulieren Abflüge, Leute reißen alte Witze über neue Eröffnungstermine. Vor dem Terminal wird Cole Porter geprobt, „It’s the wrong time and the wrong place …“. Für die Tourbushaltestelle trifft das zu, wo die Warteschlange, wie hierzulande üblich, bei Ankunft eines Busses kollabiert und Menschen sich gebärden, als handle es sich darum, evakuiert zu werden.

Zum Auftakt geht es wenig spektakulär an Parkhäusern vorbei. „Die sind kostenlos!“, strahlt der Tourguide. „Das ist das Gute daran, dass der BER noch nicht in Betrieb ist!“ Gut zu wissen, wenn man zu Hause mal keinen Parkplatz kriegt.

Als nächstes wird die Aufmerksamkeit auf eine „Kunst am Bau“-Skulptur gelenkt, die sich um eine Fluggastbrücke windet; dann geht es weiter zu einem Beachvolleyball-Feld, das, so lernt man, „der Erholung der Feuerwehrleute dient“. Endlich bekommt Newt Gingrich, einst Sprecher des amerikanischen Repräsentantenhauses und Widersacher Bill Clintons, mit einem seiner legendären Zitate Recht: „A mere 40 years ago, beach volleyball was just beginning and no bureaucrat would have invented it. And that’s what freedom is all about!“ In Berlin herrscht, wie man weiß, freedom ohne Ende, und beim von Überwachung unbelästigten Bau des BER darf Beachvolleyball voll erblühen. Nicht so das Gebäude, das der Bus inzwischen anpeilt, „eine Hotelruine, die ein amerikanischer Investor gebaut hat“. Wie es aussieht, ist der Architekt hellsichtig den Entwicklungen vorausgeeilt.

Es folgt eine Pause, während der die Fahrgäste „wegen dem herrlichem Blick auf das neue Terminal“ zum Flanieren auf der Rollbahn ermuntert werden. Die Markierungen seien für die Piloten, damit die da nicht landen, eine Vorsichtsmaßnahme, die jeder zu schätzen weiß, der gerade auf der Piste rumsteht. „Stellen Sie sich vor, wie Sie das später erzählen!“ freut sich der Tourguide. Die Fantasie gebiert daraufhin eine Szene, in der man im Flieger kurz vor dem Start herumprahlt, man habe – „Im Ernst! Direkt unter uns!“– auf dieser Rollbahn gestanden. Leider wird man gleich darauf vom Kabinenpersonal überwältigt.

Auf der Rückfahrt erfährt man noch mehr Details zum Flughafenbau, wobei glaubwürdig versichert wird, auf dem Gelände lebende Amphibien seien „teilweise von Hand“ fachgerecht umgesetzt worden.

Fazit: Der BER – Umbenennungsvorschlag „Berlin Eco Ruins“ – ist auf dem besten Weg zum Tempelhofer Feld II, wobei die vorher übliche Flugbetriebsphase gleich übersprungen wird. Als Ausgleichsnutzung stünde bis zur Rückkehr der Amphibien einem internationalen Beachvolleyball-Turnier sicher nichts im Wege.

Die Wahrheit auf taz.de

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

ist die einzige Satire- und Humorseite einer Tageszeitung weltweit. Sie hat den ©Tom. Und drei Grundsätze.

kari

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.