: Filterpflicht für Schweinefabriken
AGRARINDUSTRIE Große Ställe müssen in Niedersachsen künftig ihre Abluft reinigen: Per Runderlass will die Landesregierung den Stallbau-Boom hemmen und die Gesundheitsbelastung verringern
Wer in Niedersachsen einen Schweinestall mit mehr als 2.000 Mast-Tieren betreiben will, muss ihn künftig mit Luftfilter ausstatten. Zudem müssen Investoren ein Keimgutachten vorlegen, wenn sie eine Anlage mit mindestens 1.500 Mastschwein-, 15.000 Legehennen- oder 30.000 Broilerplätzen planen. Einen entsprechenden Erlass haben gestern Agrarminister Christian Meyer und Umweltminister Stefan Wenzel (beide Grüne) vorgestellt.
Dieser erfülle den „Wunsch vieler Kommunen und BürgerInnen“, so Meyer. Bei der Lobby hatte der Erlass im Vorfeld allerdings für Unruhe gesorgt. Zumal das Landvolk, also der niedersächsische Ableger des Bauernverbandes, hatte die Pläne verurteilt: Die Filterpflicht bedeute eine Hypothek „für kleine und mittlere Familienbetriebe“, so Landvolk-Präsident Werner Hilse. Verständlicher Ärger: Schließlich zählt ja die Hilse-Schweinemast KG aus Schnega zu den weniger als 900 betroffenen Unternehmen.
Die Masse der Höfe, die Familienbetriebe, sind indes anders dimensioniert: Laut Landwirtschaftszählung gibt’s in Niedersachsen noch immer fast 10.800 Schweinehalter mit weniger als 2.000 Tieren. Als Versuch, „die Masse der Bauernhöfe vor den Karren einiger Groß- und Agrarindustriebetriebe zu spannen“, wertete der Landesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, Otmar Ilchmann, daher auch den Vorstoß des Landvolkchefs.
Die Neuregelungen sorgen dafür, „dass die AnwohnerInnen so gut wie möglich geschützt werden“, betonte Umweltminister Wenzel gestern die Bedeutung der Keimgutachten. Auch gegen die hat sich das Landvolk gesträubt. Vor ihrer Einführung müsse erst einmal „wissenschaftliche Forschung vorausgehen“, so Hilse. Aber das ist sie ja, in den Niederlanden. So hatte unter Federführung des Utrechter Professors Dick Heederik ein Board von Wissenschaftlern des Instituts für Risikobewertung (IRAS), des Niederländischen Instituts für Gesundheitsvorsorge (NIVEL) und des Rijksinstituut für Gesundheit und Umwelt (RIVM) im Juni 2011 mogelijke effecten der Intensiv-Tierhaltung dargelegt. Bei Messungen wiesen die Forscher rund um typische megastallen bedenkliche Endotoxin- und Feinstaubwerte nach. Zugleich entdeckten sie in ungefilterter Massenstall-Abluft hohe Konzentrationen multiresistenter Keime wie MRSA-Bakterien. Von denen verursachte Haut-Infektionen sind oft nicht mit Antibiotika zu therapieren und führen in außerordentlich vielen Fällen zu Amputationen von Gliedmaßen, nicht selten ist der Verlauf letal. BES