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Archiv-Artikel

Electrolux macht AEG-Werk in Nürnberg dicht

Wochenlang haben die 1.750 Arbeiter gegen die drohende Abwicklung der Fabrik gekämpft – umsonst

MÜNCHEN taz ■ All die Bitten und der Protest in den letzten Monaten haben nichts genutzt. Der schwedische Haushaltsgerätehersteller Electrolux schließt sein AEG-Werk in Nürnberg bis Ende 2007. Etwa 1.750 Menschen werden damit ihren Arbeitsplatz verlieren.

„Mit Blick auf das Gesamtunternehmen gibt es keine Alternative“, erklärte Electrolux-Konzernvorstand Johan Bygge gestern nach einer Sitzung des Aufsichtsrates. Der Durchschnittspreis für Waschmaschinen sei in den vergangenen zwei Jahren um 15 Prozent gefallen, jede in Deutschland verkaufte Waschmaschine bringe 60 Euro Verlust. Man dürfe „die Augen vor den Realitäten nicht verschließen“, sagte Bygge. Dessen Konzern erwirtschaftete allein von Juli bis Oktober diesen Jahres einen Vorsteuergewinn von 166 Millionen Euro.

Die Gewerkschaft will den Beschluss aber nicht tatenlos hinnehmen: „Wir werden Electrolux in den nächsten Monaten ordentlich verprügeln“, rief IG-Metall-Vize Jürgen Wechsler gestern auf einer Kundgebung vor den Werkstoren. „Was hier gemacht wird, ist Menschen verachtend.“

Seit im Februar die Überprüfung des Standorts Nürnberg und weiterer Werke in „Hochlohnländern“ bekannt geworden war, hatte es viele Rettungsversuche gegeben. Neben einem europaweiten Warnstreik hatte die IG Metall mit einem Boykottaufruf gedroht.

Mit Blick auf die Zahlen hatten sich Betriebsrat und Gewerkschaft schließlich bereit erklärt, dem Abbau von 770 Arbeitsplätzen abzusegnen, falls Electrolux eine Standortgarantie bis zum Jahr 2010 gebe. Doch dieses Konzept, das jährlich zehn Millionen Euro eingespart hätte, nutzte ebenso wenig wie eine briefliche Bitte des evangelischen Landesbischofs, „nicht die Prinzipien, sondern die Menschen in den Mittelpunkt zu stellen“.

In Nürnberg produziert AEG-Electrolux derzeit Waschmaschinen und Geschirrspüler der Marken AEG, Electrolux, Juno und Zanussi. Insgesamt verlassen dieses Jahr 1,4 Millionen Geräte das Werk, 2003 waren es noch 1,8 Millionen. Diese Produktion wird bis 2007 nach Polen verlagert, wo derzeit für rund 77 Millionen Euro zwei neue Werke entstehen. Nürnberg wird stillgelegt.

Damit verbleibt nur noch ein AEG-Standort in Deutschland: das Kochplatten-Werk in Rothenburg ob der Tauber. Und eine deutsche Weltmarke steht vor dem Ende. Begonnen hatte alles 1883 mit dem Erwerb der Edison-Patente und der damit verbundenen Möglichkeit zur Glühbirnen-Fabrikation. Es war die Zeit der Industrialisierung und Elektrifizierung – 1914 hatte die „Allgemeine Electricitätsgesellschaft“ bereits 66.000 Mitarbeiter. Wechselvolle sechzig Jahre später stand der Konzern – mittlerweile bekannt unter AEG-Telefunken – vor dem Konkurs und die weltweit 178.000 Mitarbeiter vor dem Aus.

Zu groß war die Produktpalette: Atomkraftwerke, Schienenverkehrstechnik, Lavamat-Waschmaschinen, Kochmulden produzierte das Unternehmen. 1994 übernahm Electrolux die Haushaltsgerätesparte und damit das Nürnberger Werk. Die anderen Teile wurden mit Daimler-Benz vereinigt. Überlebt hat nur die Marke „AEG“, die laut Electrolux für „technische Faszination, Qualität und Langlebigkeit“ steht. MAX HÄGLER