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Archiv-Artikel

Männervermählung

Die Linkspartei-Frauen fürchten, dass die WASG-Männer eine Linke ohne weibliches Spitzenpersonal wollen

BERLIN taz ■ Sie war Spitzenkandidatin und Fraktionsvorsitzende in Brandenburg. Derzeit ist sie Parlamentarische Geschäftsführerin der Linksfraktion im Bundestag und stellvertretende Parteivorsitzende: Dagmar Enkelmann, 49 Jahre alt. Sie sähe gern auch andere Frauen aus der Linkspartei Karriere machen. Doch bald kommt die Fusion mit der WASG, und Enkelmann fürchtet, dass „vieles, was sich die Frauen in der Partei aufgebaut haben, dann verloren geht“.

Und Enkelmann steht mit dieser Meinung nicht allein. Eine „Männerpartei“ sei die WASG, meint Rosemarie Hein. Die 52-Jährige führte bis zum Sommer den Landesverband Sachsen-Anhalt. Die 27-jährige Parteivize Katja Kipping warnt die West-Linken vor der „Frauenpower der Linkspartei“.

Die Frauen meinen, dass die Gewerkschaftsmänner in der WASG die alte Krankheit der Linken einschleppen, den Sieg über den Kapitalismus für wichtiger zu halten als die Gleichstellung der Frau. Seit Mitte der 90er wurden unter langen Kämpfen Quotierungen eingeführt. Über die Hälfte des Fraktionsvorstandes im Bundestag sind Frauen. Sogar Bundestagsvizepräsidentin soll eine Frau werden – entweder Sabine Lötzsch oder Luc Jochimsen. In ihrem Programm fordert die Partei das bevorzugte Einstellen von Frauen und Gleichstellungsbeauftragte. Bei der WASG findet sich nichts dergleichen. Neben der Programmatik geht es natürlich auch um Posten.

Auf denen sitzen auch in der Ex-PDS noch oft Männer. In den zwei rot-roten Landesregierungen gibt es nur zwei Frauen. Auf Bundesebene werden Partei- und Fraktionsvorsitz von drei Männern besetzt: Bisky, Gysi, Lafontaine. Daher geht Kippings Warnung nicht allein an die WASG. „Ich glaube, dass sich die Gewerkschafter der WASG sehr gut mit unseren Traditionalisten verstehen werden“, sagt Kipping. Doch zu einer Steinzeit-Linken wollen sie und andere wie die stellvertretende Fraktionsvorsitzende in Sachsen, Caren Lay, die neue Partei nach der Fusion auf keinen Fall werden lassen. Die 33-jährige Rheinländerin würde lieber die Frauenbewegung für die Linkspartei gewinnen und im Territorium der Grünen wildern. „Die sind zu einer bürgerlichen Klientelpartei herabgesunken“, sagt Lay. „Die Menschen, die sie enttäuscht haben, müssen zu uns kommen.“ DANIEL SCHULZ