Fünf Monate nach der Wahl im Irak: Neue Regierung in Bagdad

Im Kabinett, das jetzt komplett ist, sind die wichtigsten Gruppierungen des Landes vertreten. In Kobani toben die heftigsten Kämpfe seit Tagen.

Irakische Sicherheitskräfte und Stammesangehörige bereiten sich auf die Verteidigung der Stadt Haditha nordwestlich von Bagdad vor. Bild: AP

BERLIN taz | Fünfeinhalb Monate nach der Parlamentswahl im Irak ist die neue Regierung vollständig. Zwar hatte Regierungschef Haidar al-Abadi bereits Mitte September sein Kabinett vorgestellt, das auch vom Parlament gebilligt worden war. Doch zwei Posten blieben zunächst vakant: die des Innen- und des Verteidigungsministers. Sie kontrollieren jeweils Teile der bewaffneten Kräfte, die für den Kampf gegen den Islamischen Staat (IS) wichtig sind.

Zudem hatten die USA eine Ausweitung ihrer militärischen Unterstützung davon abhängig gemacht, dass die unterschiedlichen religiösen und ethnischen Gruppen, allen voran die unter Abadis Vorgänger Nuri al-Maliki an den Rand gedrängten Sunniten, in das neue Kabinett eingebunden werden.

Dies ist nun der Fall. Verteidigungsminister wird der aus Mossul stammende Sunnit Khalid al-Obeidi – ein Abgeordneter, der 18 Jahre als Ingenieur bei der irakischen Luftwaffe gearbeitet hatte. Das Innenministerium übernimmt Mohammed Salem al-Ghabbani, ein Mitglied der von Sunniten gefürchteten schiitischen Badr-Miliz. Im September war Haider al-Ameri, Chef der Badr-Miliz, noch als Minister gehandelt worden. Dem bewaffneten Arm der Badr-Miliz wurden während des Bürgerkriegs Mitte der 2000er Jahre Folter und Mord an Sunniten vorgeworfen. Auch die Kurden sind in der Regierung vertreten; unter anderem wird der ehemalige Außenminister Hoschjar Sebari nun Finanzminister.

Formal gesehen ist damit der Forderung der USA nach einer parteiübergreifenden Regierung Genüge getan. Doch beweisen muss sich das erst in der Praxis – und zwar nicht nur im Kampf gegen den IS. Beispielsweise geht es derzeit auch darum, in der Unruheprovinz Anbar, die zu weiten Teilen vom IS kontrolliert wird, die sunnitischen Stämme auf die Seite der Regierung zu ziehen und den Sunniten langfristig eine politische Perspektive im Rahmen des irakischen Staates zu geben.

Neue Luftangriffe der USA und ihrer Verbündeten

Unterdessen haben sich Kämpfer des IS und Kurden in der syrischen Grenzstadt Kobani am Wochenende die heftigsten Kämpfe seit Tagen geliefert. Die radikal-islamische Miliz IS habe die kurdischen Verteidiger wieder verstärkt unter Beschuss genommen, berichtete die syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte laut Reuters.

Allein am Samstag habe sie 44 Granaten auf Stellungen der Kurden-Miliz YPG abgefeuert und Angriffe mit zwei Autobomben gestartet. Überall in der Stadt sei in der Nacht gekämpft worden, auch am Sonntag noch, sagte eine YPG-Kämpferin. Die Extremisten griffen von drei Seiten an, berichtete ein Journalist aus der Stadt. Der Menschenrechtsgruppe zufolge wurden in den vergangenen zwei Tagen 70 IS-Kämpfer getötet.

Der Kurdenpolitiker Idriss Nassen sagte gegenüber AFP, es sei den IS-Kämpfern nicht gelungen, den Nachschubweg der Kurden in Richtung türkische Grenze zu kappen. Unterstützt wurden sie von Luftangriffen der internationalen Militärallianz, die auch in anderen Teilen Syriens und des Irak Stellungen der Dschihadisten bombardierten.

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