: Bremen besorgt über Hamburgs Pläne
Eine Bindung der Deutschen Bahn AG an Hamburgs Hafen könnte weitreichende Folgen für bremische Interessen haben. Bremer Politiker fordern die „Neutralität“ der Bahn und wollen eine Delegation nach Hamburg schicken
Bremen taz ■ Mit großen Sorgenfalten hat gestern die Bremische Bürgerschaft die Debatte um den Einstieg der Bahn-AG beim Hamburger Hafenbetrieb HHLA debattiert. Deutlich war, dass die Bremer Parlamentarier eigentlich nicht mehr wissen, als den Zeitungen zu entnehmen ist. Der Bremer Wirtschaftssenator solle zusammen mit dem Bremer Bürgermeister beim Hamburger Senat vorstellig werden, forderte der CDU-Politiker Paul Bödecker. Ob er eine Idee hatte, womit die Bremer Delegation die Hamburger beeindrucken könnte, verriet er nicht.
Die Grünen hatten die Debatte unter dem Slogan „Staatsmonopol auf Abwegen“ beantragt. Eigentlich sei es die Aufgabe der Bahn, als Lobbyist den Schienenverkehr voranzubringen, meinte die Grünen-Politikerin Karin Krusche. Nun habe sich die Bahn schon in LKW- und Luftfrachtunternehmen eingekauft. Mit dem Einstieg in den Hamburger Hafenbetrieb sieht Krusche die Gefahr, dass die Bahn-AG selbst ihr Interesse an einer konkurrenzfähigen Entwicklung des Schienenverkehrs verlieren könnte. Zudem könnte die Bindung an Hamburgs Hafen das Interesse an einer guten Bahnanbindung der Bremer Häfen beeinträchtigen. Wenn es zum Beispiel um die Anbindung des Tiefwasser-Hafens in Wilhelmshaven geht, der von Hamburg aus als Konkurrenz betrachtet und abgelehnt wird, könnte eine an Hamburg gebundene Bahn „massive Wettbewerbsverzerrungen“ bedeuten.
Der SPD-Hafenpolitiker Martin Günthner war besonders beunruhigt durch die Tatsache, dass Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff den Einstig der Bahn in Hamburgs Hafenbetrieb begrüßt hat. Der Bremer Senat müsse gegenüber Wulff klarmachen, dass sich die Position Niedersachsens für Hamburg auf die mit Bremen vereinbarte Kooperation für den Tiefwasserhafen „nicht positiv auswirkt“, so Günthner. Ansonsten mahnte er, jetzt nicht schlicht mit leerer Polemik à la „Hau‘ den Hartmut Mehdorn“ zu reagieren. „Denn was machen Sie, wenn es zu einer Beteiligung der Bahn an der HHLA kommt?“ Die Hafengesellschaft BLG müsse sich darauf einstellen und die Frage aufwerfen, ob es für sie „strategische Partner“ gebe.
Auch der Bremerhavener Bundestagsabgeordnete Uwe Beckmeyer will nicht den Schritt der Bahn nach Hamburg verhindern, sondern fordert nur die “Hafenneutralität“ der Bahn. Derweil haben in Hamburg selbst die Zweifel an dem Thema zugenommen. Der frühere SPD-Bürgermeister Henning Voscherau hat davor gewarnt, dass Hamburg seinen Einfluss auf seinen Hafen aufgibt. Warnend hat sich auch Peter Dietrich, der frühere HHLA-Chef, zu Wort gemeldet. Die HHLA will in den kommenden Jahren 800 Millionen Euro in ihren Hafen investieren – die hochverschuldete Bahn könne der HHLA dabei nicht helfen, die Bahn müsse Rendite aus der Hafenwirtschaft ziehen und wenn die Bahn die Konkurrenz im Hinterlandverkehr des Hamburger Hafens schlucke, um dann Monopolpreise nehmen zu können, schwäche das den Hamburger Hafen, erklärte Dittrich. Das „dünn besiedelte“ Norddeutschland habe gegenüber anderen Regionen nur eine Chance, wenn sich „im tatsächlichen politischen Handeln“ das Konzept eines “Großraumes Deutschland Nord-Ost“ mit Hamburg und Berlin als Brennpunkten durchsetzen würde.
Auffällig ist, dass Bremerhaven, Wilhelmshaven oder Bremer Delegationen in solchen strategischen Überlegungen nicht mehr vorkommen. kawe