: Das Ende eines Reformers
LINKSPARTEI Dietmar Bartsch wird beim nächsten Parteitag nicht mehr als Bundesgeschäftsführer antreten. Die Doppelspitze kommt wohl – ob mit oder ohne Lafontaine. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier bietet Bartsch und anderen Lafontaine-Kritikern Asyl an
VON STEFAN REINECKE
Am Ende hatten es alle erwartet: Dietmar Bartsch wird im Mai beim Parteitag in Rostock nicht mehr als Bundesgeschäftsführer kandidieren. Das gab er am Freitag in Berlin bekannt. Nachdem ihm Fraktionschef Gregor Gysi öffentlich Illoyalität gegenüber Oskar Lafontaine bescheinigt hatte, war sein Handlungsspielraum gen null geschrumpft.
Bartsch verwahrt sich in einer Erklärung nochmals scharf gegen diesen Vorwurf: „Über mich wurden Lügen verbreitet. Sogar von Illoyalität war die Rede.“ Und weiter: „Es handelt sich nicht um einen Konflikt zwischen Lafontaine und Bartsch. Es geht um die politische und strategische Ausrichtung der Partei.“ Bartsch, der als Realo Regierungsbeteiligungen der Linkspartei anvisiert, verzichtet auf eine neuerliche Kandidatur, um den Weg „weg von einer Personaldebatte, hin zur Politik“ zu öffnen.
Bartschs Rückzug war eine Vernunftentscheidung. Einige Reformer, wie der Parlamentarier Steffen Bockahn und Parteivize Halina Wawzyniak, hatten ihm nahe gelegt, trotz allem in Rostock anzutreten. Doch das wäre, so die Einschätzung von anderen Reformern, bestenfalls ein Phyrussieg geworden. „Auch mit 52 Prozent hätte Dietmar ja nicht gesiegt“, so ein Pragmatiker aus dem Osten. Gerade das hätte den Ost-West-Graben noch vertieft.
Im Osten reagiert man auf Bartschs Rückzug zerknirscht. Matthias Höhn, Landeschef der Linkspartei in Sachsen Anhalt, äußert „tiefes Bedauern und höchsten persönlichen Respekt“ und bedauert die ihm „öffentlich zugefügten persönlichen Verletzungen und unterstellten Unwahrheiten“. Im Klartext ist dies eine Kritik an Gregor Gysi.
Die Linie der Bartsch-Unterstützer beschreibt der Bundestagsabgeordnete Jan Korte. Bartsch, so Korte zur taz, müsse „nun eine hervorgehobene Position in der Linkspartei bekommen“. Fraktionschef Gysi hat ihm bereits den Job als einer seiner Stellvertreter angeboten. Ob Bartsch das Angebot annimmt, war am Freitag unklar.
Weitgehend offen ist die weitere Personalplanung. Klar ist, dass es beim Parteitag in Rostock ein genau austariertes Ost-West-Personaltableau geben müsste. Doch so lange Lafontaine nicht erklärt, ob er Parteichef bleiben wird, fehlt der wichtigste Teil im Puzzle. Wahrscheinlich ist trotz aller Ungewissheit zweierlei: Die Linkspartei wird in Rostock – mit oder ohne Lafontaine – eine Doppelspitze wählen. Der Widerstand dagegen im Osten schwindet. Und: Gesine Lötzsch wird wohl eine größere Rolle spielen. Lötzsch kommt aus dem Osten, ist dort gut vernetzt und gehört zu keinem Flügel. Gysi hatte das Fehlen eines vermittelnden Zentrums beklagt. Lötzsch soll für bessere Kontakte zwischen Ost- und Westgenossen sorgen.
SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier hat Bartsch indes politisches Asyl in der SPD angeboten. Mehr als ein politischer PR-Gag ist das nicht.
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