: Reden über den Riesenmeiler
KOHLEKRAFT In Brunsbüttel beginnt das Genehmigungsverfahren für Deutschlands größtes Kraftwerk. Der Steinkohlemeiler hätte mehr Leistung als der Atomreaktor Brokdorf
Die Unterelbe soll zum Zentrum der deutschen Kohlekraftwerksindustrie werden.
■ In Brunsbüttel sind zwei Meiler mit einer Leistung von je 800 Megawatt (MW) geplant und einer von 1.800 MW.
■ Zum Vergleich: Das größte deutsche AKW Brokdorf hat 1.450 MW.
■ In Stade sind zwei Blöcke von je 800 MW und einer von 1.100 MW in Planung.
■ In Hamburg ist das Kraftwerk Moorburg (1.640 MW) im Bau.
VON SVEN-MICHAEL VEIT
Vier Tage wird geredet und verhandelt werden, seit gestern und noch bis Donnerstag, täglich von 10 bis 17.30 Uhr, und wenn das nicht reicht, geht es nächste Woche eben weiter. Geredet wird über den Bau eines Kohlekraftwerks in Brunsbüttel, dem schleswig-holsteinischen Kleinstädtchen mit der strategisch günstigen Lage an Elbe und Nord-Ostsee-Kanal.
Drei Kohlemeiler sollen dort insgesamt errichtet werden (siehe Kasten), doch in dem am Montag eröffneten Erörterungstermin geht es nur um den dicksten Brocken: ein Steinkohlekraftwerk des Konsortiums SWS mit zwei Blöcken von zusammen 1.800 Megawatt Leistung – das größte Kraftwerk in Deutschland, leistungsstärker als der Atomreaktor Brokdorf und auch als der Meiler in Hamburg-Moorburg, der bereits im Bau ist.
4.900 Einwendungen und Einsprüche gegen das Projekt liegen vor, und sie müssen alle abgearbeitet werden. Anwohner, Umweltverbände, Bürgerinitiativen und sonstige Organisationen lehnen den Riesenmeiler ab, weil er gegen geltendes Recht verstoße. „Mehr als ein Kilogramm hochgiftiger Schwermetalle wie Quecksilber und Cadmium würden pro Stunde über die Region verteilt“, warnte Karsten Hinrichsen von der Bürgerinitiative Gesundheit und Klimaschutz Unterelbe (BIGKU).
Hinzu kämen noch über 400 Tonnen Feinstaub pro Jahr, welche das Krebsrisiko für die Anwohner stark erhöhen würden. Zudem würden das Kraftwerk die CO2-Emissionen in Schleswig-Holstein „auf einen Schlag verdreifachen“, warnt Hans-Jörg Lüth, Landesgeschäftsführer des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) im nördlichsten Bundesland.
Durchgeführt wird die öffentliche Anhörung vom Landesamt für Landwirtschaft und Umwelt der schleswig-holsteinischen Landesregierung. Geprüft wird die Zulässigkeit der Anlage nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz. Weitere Verfahren wie Baugenehmigungen oder wasserrechtliche Prüfungen – die Erlaubnis, der Elbe Kühlwasser zu entnehmen und dieses aufgeheizt wieder einzuleiten – werden nachfolgend gesondert durchgeführt.
Wann mit einer Entscheidung zu rechnen ist, ist offen. „Illusorisch“ ist nach Ansicht der Kraftwerksgegner das Ansinnen von SWS, im Sommer mit dem Bau zu beginnen. Dazu gebe es „zu viele Fach- und Rechtsmängel“.