Schon GEZahlt? Oder nicht gestempelt?

Die GEZ erliegt der Stempelhörigkeit: Weil sie selbst die Originalbescheide der ALG-II-EmpfängerInnen nicht anerkennen will, muss die Bagis jetzt ihre eigenen Dokumente qua Stempel „amtlich beglaubigen“. Drei Mitarbeiter sind allein damit beschäftigt

Bremen taz ■ „Dieser Bescheid ist maschinell erstellt und ohne Unterschrift wirksam.“ Das gilt für alle. Nur nicht für die Gebühreneinzugszentrale (GEZ) in Köln. Denn wer sich als ALG-II-EmpfängerIn von der Rundfunkgebühr befreien lassen will, hat ein Problem: Selbst den Originalbescheid aus der Bremer Arbeitsgemeinschaft für Integration und Soziales (Bagis) erkennt die GEZ so schnell nicht an. Auch wenn sie das laut Gesetz müsste.

„Das Original kann von der einfachen Kopie nicht unterschieden werden“, heißt es aus Köln. Und mit einer solchen Kopie des Bescheids oder einer einfachen Bescheinigung der Bagis kommt man bei der GEZ nicht weit. Das reicht zwar bei anderen Sozialleistungen – etwa dort, wo es um die Miete geht. Aber nicht bei der GEZ. Begründung: „Die relevanten Daten lassen sich sehr schnell verändern.“ Der Scanner macht es möglich. Weil aber das Amtssiegel der Vergangenheit angehört, muss die Bagis jetzt ihre eigenen Bescheide „amtlich beglaubigen“. So verlangt es die GEZ. Und so müssen sich alle ALG-II-EmpfängerInnen, die von ihrem Recht Gebrauch machen und keine Gebühren zahlen wollen, bei der Bagis jetzt einen Extra-Stempel abholen. Alle halbe Jahre wieder. Schließlich wird das ALG II immer nur für sechs Monate bewilligt. Und nur die gestempelte Kopie erspart einem monatlich 5,52 Euro fürs Radiohören und 17,03 Euro fürs Fernsehen.

Bei der Bagis verursacht die GEZ damit einen erheblichen Verwaltungsaufwand. Rund 41.000 ALG-II-EmpfängerInnen leben in Bremen, mindestens 30.000 unter ihnen lassen sich alle halbe Jahre von den Gebühren befreien, sagt Eckhard Lange, stellvertretender Chef der Bagis.

Mindestens drei seiner MitarbeiterInnen muss Lange nur fürs Stempeln abstellen. „Das geht alles zu Lasten der Arbeit der Bagis.“ Denn an den Kosten der von ihr verursachten zusätzlichen Arbeit mag sich die GEZ freilich nicht beteiligen. Kosten, die nach Langes Worten „nicht erforderlich“ sind. „Es hätte für die GEZ ja auch andere Möglichkeiten zur Kontrolle gegeben.“ Eine Stichprobenprüfung, findet Lange, hätte auch ausgereicht. Doch Lange fügt sich den Ansprüchen aus Köln – im Sinne der ALG-II-EmpfängerInnen, wie er betont.

Bis zum 31. März war das Befreiungsgeschäft noch Sache der Sozialbehörden. Befreit wurden nicht nur Arbeitslose und Schwerbehinderte, sondern auch Menschen mit geringem Einkommen – und entsprechendem Nachweis. Doch die behördliche Bedürftigkeitsprüfung ist abgeschafft. Zuständig für Befreiungen sind nun die Rundfunkanstalten der Länder – und die haben die Aufgabe weiter an die GEZ delegiert. Wer also zur Kasse gebeten wird und wer nicht – das entscheiden jetzt die Institutionen, die selbst von diesem Geld abhängen.

Hinter der restriktiven Haltung der GEZ steht auch ein wohlverstandenes Eigeninteresse. Rund 20.000 Anträge auf Befreiung gehen jeden Tag in Köln ein – 8.000 mehr als erwartet. Schätzungen zufolge wird 2005 die Zahl der von den Pflichtbeträgen Befreiten bundesweit von rund drei Millionen auf knapp fünf Millionen steigen. Am Ende des Jahres könnten der GEZ also 25 Millionen Euro in der Gebührenkasse fehlen. Jan Zier