: Neue Schonfrist für Alaskas wilde Tiere
Ölsuche im Naturschutzgebiet bleibt nach Redemarathon im US-Senat weiter verboten. Anti-Terror-Gesetze verlängert
WASHINGTON taz ■ In seiner letzten Sitzung vor Weihnachten hat der US-Senat dem Weißen Haus am Mittwoch eine Reihe von Niederlagen beschert. Offensichtlichste Schlappe für Präsident George W. Bush ist die Blockade der von ihm befürworteten Ölbohrungen in einem Naturschutzgebiet in Alaska (die taz berichtete). Die Kammer verabschiedete zudem ein von Bush monatelang bekämpftes Verbot grausamer Verhörmethoden im Kampf gegen den Terrorismus. Auch der so genannte Patriot Act, ein umfassendes Antiterrorgesetz, wurde vom Senat zunächst nur um sechs Monate verlängert. Bush hatte sich hier freie Hand gewünscht und das Gesetz dauerhaft installieren wollen.
Die republikanische Senatsmehrheit brachte nicht die notwendigen Stimmen auf, um die erklärten Gegner der seit mehr als zwei Jahrzehnten umstrittenen Ölbohrungen an einem Redemarathon zur Vereitelung einer Abstimmung zu hindern. Statt der erforderlichen 60 kamen nur 56 Stimmen zusammen.
„Das war der traurigste Tag meines Lebens“, klagte Senator Ted Stevens aus Alaska, der zu den stärksten Befürwortern der Ölbohrungen gehört, hinterher. Schätzungen zufolge sollen unter dem Tundra-Küstenstreifen bis zu 10,4 Milliarden Barrel Öl liegen. Noch am Montag hatte das Repräsentantenhaus einer Ölförderung in dem arktischen Naturschutzgebiet zugestimmt, allerdings nur dank einem Kunstgriff der republikanischen Fraktionsführung: Die Zulassung der Ölbohrungen wurde mit der Bewilligung von Ausgaben für den Irakkrieg verknüpft.
Diesen Trick, nicht mehrheitsfähige Eingaben an Gesamtabstimmungspakete zu hängen, wollten die Republikaner im Senat wiederholen. Doch der Widerstand war hier größer. Schließlich erreichte die Opposition, dass die Entscheidung über die Ölbohrungen aus dem Gesetzespaket genommen wurde. So konnte der Verteidigungshaushalt freigegeben werden.
Angenommen wurde hingegen das Verbot der grausamen, inhumanen und erniedrigenden Behandlung ausländischer Terrorverdächtiger. Es wird erwartet, dass Präsident Bush das Gesetz, welches längst Bestandteil der von der USA unterzeichneten UN-Antifolterkonvention ist, unterzeichnet. Bush hatte zuvor monatelang mit seinem Veto gedroht. In der vergangenen Woche musste das Weiße Haus dann einlenken, weil sich abzeichnete, dass sogar ein Präsidentenveto im Kongress überstimmt werden könnte. Mit dem ausdrücklichen Misshandlungsverbot will der Kongress den Imageschaden beheben, den der Folterskandal im irakischen Abu Ghraib den USA beschert hatte.
Zunächst nur um sechs Monate verlängert wurde der Patriot Act. Er erweitert die Befugnisse der Regierung und Justizbehörden gegenüber Terrorverdächtigen. Hier setzten sich die Demokraten durch, die sich gemeinsam mit einigen Republikanern dagegen gewehrt hatten, den umstrittenen Gesetzesbestimmungen unbefristet Geltung zu verschaffen. Eine Entscheidung des Repräsentantenhauses wurde für gestern Abend erwartet.
ADRIENNE WOLTERSDORF
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