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Archiv-Artikel

„Vermögen sind meist ererbt“

UMFAIRTEILTOUR Dieter Lehmkuhl fordert als Vermögender höhere Vermögensabgaben

Von BES
Dieter Lehmkuhl

■ 69, Psychiater und Psychotherapeut, gehört zu den Initiatoren des „Appells für eine Vermögensabgabe“, lebt in Berlin.

taz: Herr Lehmkuhl, wie wurden Sie vermögend?

Dieter Lehmkuhl: Das meiste habe ich geerbt: Meine Familie hatte eine kleine Brauerei, die war zu Geld gemacht worden. Das ist eher der Normalfall: Gerade die großen Vermögen sind meist ererbt, also nicht durch eigene Leistung …

Und wie vermögend sind Sie?

Das mache ich immer öffentlich, weil sich viele sonst wunders was vorstellen. Mein Vermögen liegt bei rund 1,5 Millionen Euro.

Und das ist Ihnen also zu viel?

Unsere Initiative Vermögender für eine Vermögensabgabe tritt für Umverteilung von Reichtum ein, das ist richtig: Momentan ist es so, dass die Ungerechtigkeit eher wächst. Wenn ich zum Beispiel mein Vermögen anschaue: Das hat sich rund verdoppelt, seit ich, in den 1990er-Jahren, geerbt habe. Ich habe dafür keinen Finger krumm gemacht. Das ist doch ungerecht!

Bloß: Wie wollen Sie diese Ungerechtigkeit denn verhindern?

Ich glaube nicht, dass sie sich vollkommen vermeiden lässt. Aber es ist möglich, sie zu kompensieren, durch angemessene Vermögens- oder vor allem hohe Erbschaftssteuern.

Verursacht das nicht nur Umgehungstatbestände – wie Schenkungen oder Steuerflucht?

Dass wir dazu neigen, Angehörige unseres Stammes oder unserer Familie zu begünstigen, das ist möglicherweise ein genetisches Programm. Das lässt sich nicht abschütteln. Aber die extremen Unterschiede kann man politisch mindestens verringern: Gerade wenn Sie das Beispiel Steuerflucht erwähnen, sehen wir doch gerade, dass so ein Verhalten von der Öffentlichkeit immer weniger toleriert wird, und dass die Politik, die es lange begünstigt hat, unter Druck gerät – und sich nun darum bemüht, es zu unterbinden.

Sie sind also ein Altruist?

Das ist keine reine Selbstlosigkeit, auch wenn für mich Altruismus zum Menschsein ebenso dazugehört wie Egoismus. Aber jeder der, egal wie, ob ökologisch, sozial oder auch ökonomisch, den Zustand unseres Systems analysiert, weiß, dass es diese krasse Ungleichheit nicht auf Dauer verkraften kann.

INTERVIEW: BES

„UmFAIRteiltour“: Sa, 11 Uhr, Treffpunkt Stadtmusikanten