: Gefährlicher Selbstversuch
GEHIRNDOPING Folgen der Psychopharmaka unklar
Studenten, die mit Hilfe von Ritalin und anderen Medikamenten besser zu lernen glauben, überschätzen oft die Leistungssteigerung völlig. „Die Hoffnung dabei ist, dass der Wirkstoff in Ritalin, Methylphenidat, hilft, sich besser zu konzentrieren“, sagte die Medizinethikerin Davinia Talbot von der Universität Münster. „Oft schätzen die Menschen ihre Leistungsfähigkeit jedoch nur subjektiv als verbessert ein.“
Bei einem interdisziplinären Projekt des Bundesforschungsministeriums untersuchte sie mit Experten aus Philosophie, Jura und Medizin Vor- und Nachteile des „Hirn-Dopings“. Die Wirksamkeit sogenannter Neuro-Enhancer sei bisher nicht nachgewiesen, sagte Talbot.
In erster Linie gehe es bei solchen Mitteln um die Steigerung der kognitiven Leistung und emotionalen Befindlichkeit. Eingenommen werden laut den Erkenntnissen der Experten überwiegend drei Medikamentengruppen. Vor allem aus den USA sei Ritalin, ein Amphetaminderivat, unter Studenten als Vorbereitung auf Universitätsprüfungen bekannt. Eine zweite Gruppe bilden die Antidepressiva.
„Kurzfristige Effekte gibt es nicht, Studien über langfristige Effekte bei Gesunden fehlen“, sagte Talbot. „Dennoch gibt es einzelne Fallberichte amerikanischer Psychiater, die die Medikamente mit zum Teil erstaunlichen Effekten einsetzen.“ Die Expertin sieht dieses „Glück auf Rezept“ jedoch eher skeptisch.
Beim Hirn-Doping kommt auch der Wirkstoff Modafinil zum Einsatz. „Das ist ein Wachmacher, den man typischerweise bei Menschen mit Schlafkrankheiten einsetzt. Gesunde Probanden bleiben zwar wach, aber ihre Leistungsfähigkeit lässt nach.“ Musiker schwören wiederum auf andere Medikamente, weiß die Expertin: „Betablocker gegen Bluthochdruck werden vor allem eingenommen, um gegen das Lampenfieber anzukämpfen. Man schwitzt weniger und das Zittern lässt nach.“
Die Medikamente sind allesamt verschreibungspflichtig und somit nicht frei erhältlich. In einer Studie der DAK unter 3.000 Arbeitnehmern zwischen 20 und 50 Jahren gaben 1,9 Prozent der Befragten an, harte Mittel zur kognitiven Leistungssteigerung einzunehmen. Dabei sind die Nebenwirkungen dieser Mittel bei Gesunden kaum erforscht. „Das ist ein gefährliches Selbstexperiment“, warnt Talbot, die Langzeitfolgen seien derzeit kaum abschätzbar. (dpa/taz)