Mit jungen Männern im Wald

Die Polizei ließ lange auf sich warten – dann schlug sie endlich zu

Als die anderen nachts in der Scheune die Wachseier mit Unterbodenschutz füllten, durfte ich leider nicht dabei sein. Unterbodenschutz ist klebriges Zeug gegen Rost. Es sollte die Scheibenwischer der Wasserwerfer lahmlegen. Wenn der Wasserwerferfahrer nichts mehr sah, konnte er uns auch nicht von der Straße spritzen, so die Idee.

Aber das aufregende Befüllen von Wachseiern gemeinsam mit interessanten jungen Männern blieb mir vorenthalten. Und nicht nur das. Am Morgen beschloss meine Bezugsgruppe, sich nicht auf die Transportstrecke zu setzen, sondern in den Wald zu gehen. Dort sollten wir die Polizei beschäftigen. Blödsinn! In feuchter Kälte durch wendländischen Schonungen zu stapfen! Die interessanten jungen Männer waren alle auf der Transportstrecke! Doch die VeteranInnen hatten Vorrang.

Mein Gorlebenereignis drohte ein endloser Waldspaziergang zu werden, als endlich zwischen den Bäumen ein Trupp Polizei auftauchte. Sollten die im Wald DemonstrantInnen beschäftigen, um sie von der Strecke fernzuhalten? Sie verlangten, dass wir uns entfernten.

Nein, sagten wir. Die waren etwa zu zwölft, wir waren etwa zu zwölft. Wir sollten gehen, sagten sie, nein, sagten wir. Sie rannten auf uns zu und hoben die Stöcke. Hinter den Visieren rissen sie die Augen auf – angstvoll? Die Stöcke sausten nieder auf unsere wattierten Schultern. Verrückt: Das tat gar nicht so weh, sie machten gar nicht ernst. Sie brüllten, wir brüllten. Wir rannten auseinander. Ich setzte mich zur Transportstrecke ab. Jetzt hatte ich ja sogar was zum Angeben.

ULRIKE WINKELMANN