Schüsse in der Nacht

ALTE MEIEREI Nach Anschlag auf alternatives Zentrum ermittelt die Polizei. Bewohner haben keine Angst

Die Projektile schlugen in die Decke des Gemeinschaftszimmers ein: Mindestens zwei Schüsse sind in der Nacht zu Mittwoch auf das alternative Wohn- und Kulturprojekt „Alte Meierei“ in Kiel abgegeben worden. Verletzt wurde niemand. Ein Bewohner sprach am Freitag von einer „neuen Qualität von Angriffen auf linke Projekte in der Stadt“. Die Polizei ermittelt.

Die gut zehn Bewohner des Projekts, das neben Konzerten und Lesungen auch ein Antifa-Café veranstaltet, gehen davon aus, dass „die Tat von Neonazis“ verübt wurde. Informiert hatten die Bewohner Polizei und Presse erst am Mittwochabend. „Wir mussten überlegen, wie wir mit dem Angriff umgehen sollen“, erklärt der Bewohner.

„Die Ermittlungen laufen“, sagt Polizeisprecher Jürgen Börner. „Einen politischen Hintergrund schließen wir nicht aus.“ Allerdings sei es „nun noch schwerer, Zeugen zu finden“, so Börner mit Blick auf die verspätete Meldung des Vorfalls.

Seit Jahren schon ist in der Landeshauptstadt die neonazistische „Aktionsgruppe Kiel“ aktiv. Dass es eine gewaltbereite rechte Szene gibt, räumt auch der Verfassungsschutz ein.

Ziel eines Neonazi-Angriffs wurde die „Meierei“ bereits im September 2009: Mit Schlagstöcken und Gaspistole bewaffnet, griffen Rechte die Besucher einer Antifa-Party an, ein Opfer musste ins Krankenhaus. Einige Wochen zuvor war das Wohnprojekt „Dampfziegelei“ Ziel von Steinwürfen – nicht zum ersten Mal.

Die Bewohner der „Meierei“ wollen sich nicht einschüchtern lassen: „Hier werden jetzt keine Stahlplatten vor den Fenstern angebracht.“ Partys, Cafés und Lesungen fänden wie geplant statt. AS